Frohgemut steuern wir unser nächstes Reiseziel Picton an. Die Küstenstraße zwischen Bergen und Pazifik schlängelt sich traumhaft über immer höher werdende Bergkuppen, als plötzlich der Motor aufheult und das Auto stetig langsamer fährt. Mit Mühe und Not erreichen wir die Bergkuppe, erleichtertes Abrollen, doch der nächste Berg ist in Sicht. Jetzt kommt nicht nur der Motor ins Schwitzen sondern auch wir. Es beginnt zu stinken. Die erste kleine Bucht auf halber Höhe rettet uns. Wir rufen unseren Verleiher „Wendekreisen“ an. Er tut seinem Namen keine Ehre. Weder kreiselt er, noch wendet er unser Problem. Wir sollen doch weiterfahren, oder uns rückwärts den Berg wieder runter rollen lassen. Man könne das Auto doch auch an eine sichere Stelle schieben. Zum Glück ist eine Verständigung auf Deutsch möglich. Ein anderes Wohnmobil gäbe es nicht und man könne nicht sagen, ob ein Ersatz-PKW noch heute eintreffen würde. Wir könnten doch an dem State Highway übernachten? Unsere Reaktionen werden immer ärgerlicher und erreichen einen ersten Höhepunkt als die Anmerkung kommt, ob wir wohl die Kupplung richtig bedient hätten? Nach einigen Telefonaten wird uns ein Ersatz-PKW für diesen Abend zugesagt – Ankunft ungewiss. Zwischenzeitlich nehmen wir nach 30 Minuten Abkühlung von Motor und Nerven nochmal allen Mut zum Durchstarten zusammen und schleichen erfolgreich auf die Bergkuppe. Von da lassen wir uns ins nächste Dorf rollen und biegen auf eine Nebenstrasse ab. Ulrike marschiert hoffnungsvoll durch verwaiste Dorfstraßen (es stürmt zudem immer stärker) ohne eine Übernachtung zu finden. Immerhin kühlt währenddessen der Motor ab. Inzwischen meldet sich ein vom Vermieter kontaktiertes Autounternehmen. Sie wissen nicht, wann der Ersatz-PKW ankommt, es kann 23 Uhr werden. Wir sollen alles packen, denn der Camper Van wird dann im Austausch abgeschleppt und zurück nach Christchurch gebracht. Nur hier sei eine schnelle Reparatur möglich. Uns beschäftigt immer stärker die Frage, wo wir übernachten sollen, wird doch unser Bett im nächtlichen Austausch mitgenommen. Mischa erkundigt sich bei Anwohnern, ob bis zum 22 km entfernten Blenheim (mit zahlreichen Motels) noch Berge seien. Nein, es ginge nur noch downhill (bergab). Also versuchen wir unser Glück! Wer wagt, der gewinnt! Zunächst müssen wir ca. 10 m hoch bis zum Highway schaffen. Ja, geschafft! Dann im vierten Gang von Kurve zu Kurve. Was ist dahinter? Nochmal eine Steigung! Auch die schaffen wir gerade so. Danach geht es wirklich nur noch bergab. Noch 18 km, nächste Kurve: Ebene des Weinanbaugebietes in Sicht, 15 km, gleichmäßiges Zuckeln, hupende Autos überholen uns, noch 10 km, Adrenalin geht runter, 5 km, wir erreichen Blenheim! Glücklicherweise keine Ampeln, nur Kreisverkehre, 3. Gang, wir rollen in den Hof eines Motels, das uns im Internet noch ein freies Zimmer angezeigt hat. Ja, wir können übernachten!
Wir räumen den Camper Van vollständig aus. Dann schlendern wir in den Ort und finden eine nette Bar, wo wir auf unser Glück im Unglück anstoßen.
Um 24 Uhr übergibt uns eine Fahrerin einen Ersatz- PKW. Sie ist fix und fertig, musste im Sturm anhalten und fällt im gegenüberliegenden Bungalow wie wir ins Bett.
Als wir am nächsten Morgen um 7.30 Uhr aufstehen, ist unser Camper Van verschwunden, die Frau auch. Wir wissen nicht, ob er abgeschleppt wurde, oder ob die Fahrerin glaubte, ihn bis Christchurch zu bekommen. Das werden wir alle später erfahren.
Ach ja: Unsere Kult-Tischdecke, die uns bislang auf sämtlichen Urlaubsfahrten begleitet hat, verleiht uns beim Frühstück im Motel einen zuversichtlich Start in den Tag.