15 Kraxeln wie die Gemsen

Weil wir auch nochmal beim Franz Josef Gletscher vorbeischauen wollen ohne dem bösen Zauberer in die Hände zu fallen, fahren wir 25km zurück in das Dorf Franz Josef. Dort beginnt eine wunderschöne Wanderung, die wir am Ziel in die „Top Ten“ aufnehmen werden. Doch bis dahin haben wir ordentlich zu klettern und zu schwitzen! Ab der Douglas Bridge folgen wir einem zerklüfteten Pfad durch bizarres Felsengewirr. Es geht über wunderbare Hängebrücken, von denen eine unserer Meinung nach länger ist als die von Herrn „Massentourismus“ in der Buller George deklarierte und mit Eintrittsgeld als längste Hängebrücke Neuseelands gepriesene. Drei Stunden schraubt sich der Pfad bergauf und bergab, eine Kletterei fast wie in der Sächsischen Schweiz, nur mit 896m Anstieg etwas anstrengender! Endlich erreichen wir den „Robert Point“ und damit eine der schönsten Aussichten auf den ungewöhnlichsten Gletscher der Welt! Wir haben gerade noch Glück mit dem Fotografieren, bevor der Regen einsetzt. Das Beitragsfoto macht übrigens eine ehemalige Bratschistin des Essener Studentenorchesters. So kurz ist der Weg von der Lichtburg nach Neuseeland! 

Der Franz Josef Gletscher stürzt von 3000m Höhe steil in den von uns durchwanderten dichten Regenwald. Uns haben besonders die Baumfarne beeindruckt. Die ungewöhnliche Kombi von Gletscher und Regenwald hat folgende Ursache: Die vorherrschenden Westwinde bringen starke Regenwolken von der Tasmansee, die an der Alpenbarriere aufsteigen. Oben fällt Schnee, der die Gletscher füttert und die Regenfälle unten füttern den Tieflandregenwald. Von den 60 Gletschern im Westland Nationalpark ist Franz Josef der größte mit 10km Länge. Er endet auf ca. 400m, also ungewöhnlich tief. Er ist der zehntgrößte Gletscher der Welt. 
Wir reisen nach dieser schönen Wanderung noch 100km gen Süden unserem nächsten Ziel entgegen und übernachten am Lake Paringa. Hier baden wir noch und verbringen den Regen gemütlich im Wohnmobil.

14 Märchenhafte Gletscher und böse Zauberer 

Es waren einmal zwei Wandersleute, die wurden Mischa und Ulrike genannt. Während ihrer Reise durch Neuseeland kamen sie im Westland Nationalpark zu zwei großen Gletschern, die hießen „Fox“ und „Franz Josef“. Sehr gern wollten Mischa und Ulrike so einen Gletscher mal aus der Nähe sehen, am besten darauf laufen. Da surrten von überall Touristen-Hubschrauber um sie herum und flüsterten ihnen zu: „Steigt ein, wir bringen Euch da hinauf. Wir lassen auch die Sonne für Euch scheinen“. Da konnten die Beiden nicht widerstehen, standen beizeiten mit dem Wecker auf, begaben sich zum Touristen-Büro, ließen sich Strümpfe, Wanderschuhe, Regenhosen und Regenjacken geben (da sie die eigenen nicht benutzten durften). Dann wurden sie gewogen. Da sie zusammen drei Zentner wogen, durften sie nicht vorn im Hubschrauber sitzen, sondern hinterm Piloten. Einstieg und Ausstieg waren schon ein Erlebnis. Sie mussten unter dem rotierenden Propeller den Kopf einziehen und durften nichts Flatterndes  haben, also Anoraks schließen und Kappe abnehmen! Der Flug war grandios! Es ging über den Flussablauf hinauf zur Gletscherzunge. Leider war diese nur 3 Minuten und 23 Sekunden entfernt. Gefühlt schloss sich die Landung also unmittelbar an den Start an.

Auf dem Gletscher bekamen Mischa und Ulrike dann Eispickel unter ihre Schuhe. Dann ging’s los. Ein Guide hackte Stufen, führte sie über den Gletscher, zeigte schöne Eisgebilde und ließ genügend Zeit zum Fotografieren, so dass sich die Beiden mit Herrn Fox bekannt machen und viele schöne Bilder knipsen konnten. Herr Fox bot auch ein kühles Schlückchen Wasser an.

Die drei Besuchsstunden vergingen sehr schnell. Dann verschwand die Sonne hinter dichten Wolken und der Hubschrauber brachte die Beiden, die über diesen märchenhaften Ausflug sehr glücklich waren, wieder nach unten. „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“

Leider gibt es nicht nur Märchenfeen, sondern auch einen bösen Zauberer. Und dieser begleitet Mische und Ulrike auf ihrem Gletscherausflug. Er heisst Herr „Massentourismus“. Er schickt noch 19 weitere Wanderer gemeinsam mit den Beiden hoch auf den Gletscher und jede weitere Stunde nochmal Gruppen mit 20 Teilnehmern. Mitunter sind also 60 Leute gleichzeitig auf dem Eis. Für den Transport reicht ein Hubschrauber nicht aus. Deshalb sendet Herr „Massentourismus“ zwei Hubschrauber im Taktwechsel. Und weil nicht nur Herr Fox, sondern auch Herr Franz Josef und noch viele andere Gletscher sehr gastfreundlich sind, schwirren zahlreiche Hubschrauber durch die Luft und die Einwohner bekommen zur Geburt gleich kleine Mickimäuse als Hörschutz geschenkt.

Mischa und Ulrike finden Herrn „Massentourismus“ nicht nett, haben allerdings zu seinem Wachstum (er wiegt mehr als drei Zentner) etwas beigetragen. 

Über diese Zusammenhänge philosophieren die Beiden dann noch auf der abschließenden Wanderung um den Lake Matheson. Dies ist der berühmteste See Neuseelands, denn in ihm spiegeln sich die Gipfel der südlichen Alpen. Auch Herr Fox schaut sich hier bei Windstille gern in den Spiegel. Er ist etwas eitel, denn er weiß, dass er ein besonderer Gletscher ist. Seine Gletscherzunge reicht bis in den Tieflandregenwald. Zwar hat sein Nachbar Franz Josef noch eine etwas größere Zunge, aber beide sind weltweit einzigartig. 

13 Pancake Rocks und Pancakes

Die bekannteste Attraktion des Paparoa Nationalparks sind die Pancake Rocks. Durch die starke Brandung, die unablässig auf die Granitfelsen und den Kalkstein trifft, sind spektakuläre Felsformationen entstanden, die wie aufgeschichtete Pfannkuchen aussehen. Dazwischen gibt es „Blaslöcher“, durch die besonders bei Flut die Wellen schäumend wie Fontänen emporschießen. Obwohl wir extra mit Wecker aufstehen, können wir dieses Schauspiel mangels Wind und dementsprechend flauem Wellengang nicht vollständig sehen. Das macht aber nichts, denn die Pfannkuchen sind schon ohne Schlagsahne beeindruckend genug.

Vor der 222km langen Weiterfahrt zum Foxglacier stärken wir uns noch mit Schokopancakes und Schlagsahne. 

Wir genießen die wunderschöne Karstlandschaft noch mit einer 11km Wanderung entlang des Parorariflusses (Pororari River Loop)und fühlen uns fast wie an der Ardeche zu Hause. Naja, nicht ganz, denn es geht wieder durch ein uraltes Palmen – und Farndickicht. 

12 Wandeln unter Palmen mit Meeresrauschen

Wir wandern heute den ersten Abschnitt des „Heaphy Track“, einen uralten Weg, von den Māori angelegt, später von Goldgräbern genutzt, im Touristenzeitalter mit 7 Hütten zu einem mehrtägigen Great-Walk ausgebaut und heute von Mischa und Ulrike getestet. Uns interessiert nur der Küstenabschnitt. Der beeindruckende Dschungeltrip, das Rauschen der Wellen der Tasman-See und wunderschöne Ausblicke auf dieses Meer, das Neuseeland und Australien verbindet, entschädigen uns für die auf 17km verteilten ca. 600 Höhenmeter, denn es geht natürlich ständig bergauf und bergab. Wir bekommen bei dieser 4stündigen Wanderung ein Feeling für die raue westliche Küstenlandschaft und hoffen, davon etwas mit den Bildern einzufangen.

Weitere 180km an der Westküste legen wir mit dem Auto zurück. Es ist ein gutes Gefühl, nach getaner Anstrengung den Motor für sich arbeiten zu lassen. Zum ersten Mal traue ich mich im Linksverkehr ans Steuer und wir erreichen unser Tagesziel: Punakaiki. Was man hier sehen kann, steht im nächsten Bericht. 

Erstmal brauchen wir dringend Stärkung und genießen ein Bierchen, Fisch, Burger und Chips im Pup.

11 Bekanntschaft mit einer einzigartigen Höhle und Glühwürmchen 

Punkt 8.45 Uhr startet mit uns und einem weiteren Pärchen ein echt engagierter, sehr gut englisch sprechender Ranger zur „honigfarbenen Kalksteinhöhle“ (Honeycomb Hill Caves). Ohne Führung und Voranmeldung ist eine Besichtigung nicht möglich. Max. 8 Personen dürfen am Tag in die Höhle. Der Ranger lädt uns in sein geländegängiges Auto ein. Die 14km Anfahrt wird mit Vierradantrieb empfohlen. Wir passieren eine Stelle, wo vor zwei Jahren ein Wohnmobil in die Böschung kullerte, unser Respekt wächst, und wir sind über den glücklichen Umstand, unter der Woche wegen Baufahrzeugen nicht selbst anreisen zu dürfen, heilfroh.

Diese Straße ist überhaupt erst als Forstsstrasse zum Abtransport der Urwaldbäume entstanden. Glücklicherweise hat sie heute einen anderen Zweck. 

Vom Parkplatz „im Busch“ gehts dann zu Fuß durch den Regenwald des Kahurangi Nationalparks. Es ist der zweitgrößte und jüngste der 13 Neuseeländischen NPs. Neben den Karsthöhlen und Arches gibt es hier 80 Prozent der neuseeländischen Pflanzenarten und über 100 Vogelarten. Um diese zu erhalten sehen wir sehr viele Fallen für Wiesel und Ratten, die mit einem systematischen Millionenschweren Programm ausgerottet werden sollen. Der Ranger zeigt uns unzählige Pflanzen, lässt uns an den Blättern riechen, findet unscheinbare kleine Orchideen und weist uns auf ein junges, erst 45 Jahre altes Waldstück hin, bevor es dann wieder zu den 1000 Jahre alten Bäumen geht. So sind wir bis zur Höhle schon völlig im Urwaldbann.

Dann heißt es Helme aufsetzen, Stirnlampen an und immer brav den Anweisungen des Rangers folgen und ja nicht laufen, ohne auf die Füße zu schauen! Wir sehen die typischen Stalagmiten und Stalaktiten, kleine Flüsse und Seen und beeindruckende Höhlenformationen. Die Ausmaße sind gewaltig! Dazu kommen die vielen interessanten Erklärungen. Eine weitere Besonderheit sind die Knochen verschiedener Moa-Arten (Riesenvögel) die vor ca. 500 Jahren vom Menschen ausgerottet wurden.

Ein weiteres Highlight sind für uns die Glühwürmchen, die wir hier gar nicht erwartet haben. Dahin müssen wir etwas krabbeln. Diese leuchtenden Brummer haben vor sich eine „Angelschnur“ (dünnes Fädchen) hängen, an dem Insekten kleben bleiben. Bei Hunger wird die Schnur hochgezogen. 

Wir bekommen auch Hunger. Beim Picknick (mit Tischdecke!) lernen wir Neuseeländische Sandwiches und Kuchen kennen – sehr lecker!

Dann gehts wieder 1,5 km durch den Regenwald zur Opara Arch. Dieser Bogen ist mit 200m Länge, 49m Breite und 37m Höhe schon echt beeindruckend!

Diese Ranger-geführte Tour stufen wir als „Volltreffer“ ein und machen noch einen empfohlenen Abstecher zum 1000 Jahre alten, 36m hohen „Big Rimu Tree“ mit einem Durchmesser von 2 Metern!

Völlig beeindruckt von diesen Tageserlebnissen suchen wir unser Nachtquartier auf einem Campingplatz unmittelbar am Meer mit Blick auf die raue See in Erwartung eines fantastischen Sonnenuntergangs.