08 Wandern mit den Gezeiten

Der Abel Tasman Coast Track gehört zu den Great Walks. In allen Reiseführern wird davon geschwärmt, dass es keinen schöneren Küstenwanderweg in Neuseeland mit so herrlichen türkisgrünen Lagunen und goldfarbenen Sandbuchten gäbe. Also fahren wir dorthin! Unterwegs werden Brötchen, Päckchensuppen, Wurst, Käse, Müsli, Milchpulver, Tee, Kaffee, Nüsse und Mars-Riegel und eben doch noch nach langem Suchen eine weitere Gaskatusche eingekauft. 

Das Auto stellen wir am Parkplatz ab. Und los gehts!

  1. Tag: Marahau – Anchorage Hut (11,6 km / 500 Hm)

Wunderbares Wetter und eine für uns völlig unbekannte Landschaft: Manukawald, Baumfarne, die immer größer werden (so wie auch die Steigungen von Tag zu Tag zunehmen) und Nikaupalmen lassen uns im Urwaldgefühl durch ein dichtes Blätterdach ziehen. Irgendwie hat der Track ein tropisches Flair. Wir laufen viele Buchten aus, kleine Wasserfälle werden auf Brücken überquert. Immer wieder gibt es schöne Blicke auf Meeresbuchten der Tasman Bay. 

Dann die erste „Hut“! Wir lernen das Hüttenleben kennen: Es gibt 6-16 Betten-Räume mit Doppelstockbetten und Matratzenlagern. Die Matratzen sind so wie Turnmatten. Dadurch sauber aber nicht geräuschlos, wenn man sich auf dem Lager mal dreht. Im gemeinsamen Aufenthaltsraum steht ein alter Eisenofen. Mischa hackt (tolles) Holz mit Äxten, die Metallstiele haben. Wasser gibts meist nur draußen. Es ist kein Trinkwasser, also Abkochen oder Filtern sind erforderlich. Manchmal ist eine Dusche da, natürlich kalt und alles etwas sehr einfach. Jeder hat gut gerechnet einen Haken. Licht gibt es nicht, aber dafür Klopapier im etwas entfernt stehenden Klohäuschen. Die Hütten sind mit 25-35 Personen meist voll belegt. Wenn’s dunkel wird so gegen 20.30 Uhr wird eben ins Bett gegangen. Das morgendliche Aufstehen ist auch ein kollektiver Prozess. Sobald der erste Schlafsackreissverschluss schnarrt, sind alle wach. 

Und dennoch: Es ist ein schönes Erlebnis und wir schlafen gut. Die Leute kommen aus aller Herren Länder, es gibt schöne Gespräche, man schaut sich beim Kochen zu, vergleicht die Kochutensilien und die Fertiggerichte. Da gibt es gegenüber unserer Päckchennudelsuppe enorme Steigerungsmöglichkeiten! Wir zehren noch von der Erinnerung an das 3-Gänge Gourmet-Menü in den Marlborough-Sounds, wenn unsere Blechschüsseln leergekratzt sind und wissen: Es gibt noch eine Handvoll Nüsse vorm Schlafen!

Es sei vorweggenommen, dass wir sehr gut mit allem reichen, ein Brötchen, zwei Teebeutel und ein paar Nüsse erschweren uns den Heimweg. Aber bis es dazu kommt, absolvieren wir noch vier weitere Tageswanderungen. 

  1. Tag: Anchorage Hut – Bark Bay Hut (8,7 km / 600 Hm)

Es wird spannend, denn wir müssen bei Ebbe starten und eine Wattfläche ca. 20 Minuten überqueren. Die Rangerin empfiehlt spätestens 8.30 Uhr. Überquerungen sind immer bis zu 2 Stunden vor und nach Niedrigwasser möglich. Wir halten uns tunlichst an den Tipp der Ranger, die täglich die Hüttenbewohner kontrollieren und über das Wetter am nächsten Tag informieren. 

Diese Tour ist kurz, wir laufen 2,5 Stunden im Regen. Abends treffen wir bekannte Gesichter und haben nette Gespräche, obwohl es nicht immer einfach ist, die unterschiedlichen Englischsprachigen zu verstehen. 

  1. Tag: Bark Bay Hut – Awaroa Hut (15 km / 1.068 Hm)

Wir ziehen es beim Start vor, 10 Minuten Umweg zu laufen und umgehen das Watt, dessen Priele uns zu tief sind. Dabei werden wir an diesem Tag ohnehin nass bis auf die Haut trotz Regenkleidung. Es pinkelt durchgängig, Tendenz steigend! Diese 6 stündige Wanderung hübschen wir uns mit einer Einkehr in das einzige Restaurant auf der Strecke mit Fischterrine und Bierchen (Mischa) und Fisch und Ships und Rotwein (Ulrike) auf. Wenn man so was Leckeres im Magen hat, macht das die klammen Sachen ein wenig kuscheliger. In der Awaora Hut türmen sich die nassen Sachen überm Ofen. Wir sind dankbar für unsere Packweitsicht und können uns einmal komplett neu trocken umziehen. Vorher baden wir im türkisfarbenen Meer, duschen an der Strand-shower und fühlen uns wie neugeboren! 

  1. Tag: Awaroa Hut – Whariwharangi Hut (18 km / 1.170 Hm)

Der herrliche Sonnenschein entschädigt für alle Regentropfen! Der Start gestaltet sich als großes Erlebnis, denn wir haben die größte Wattfläche der Wanderung zu überqueren, für die es keine Alternative gibt. Punkt 8.15 Uhr ziehen wir mit der Karawane los. Vorsorglich haben wir anstelle der Wanderschuhe Tevasandalen an, denn einige Priele sind zu durchwaten. Diese Tour reiht eine Steigerung an die nächste: Der Wald ist beeindruckend, die Aussichten werden mit den Steigungen immer gewaltiger bis zum Höhepunkt des „Separation Point“ ganz im Norden, wo ein rauher Wind weht und wir in der Tiefe Robben erkennen. Wir sind sehr froh, die Wanderung nicht wie die meisten schon vorher in Totaranui beendet zu haben, sondern diese Schleife mit einer letzten Hüttenübernachtung noch drehen. Dieses alte Farmerhaus ist zwar genauso einfach, aber hübscher. Hier verbringen wir einen lustigen Abend beim Kartenspiel „DOS“ und gehen mal nicht mit Anbruch der Dunkelheit schlafen. Die Stirnlampe macht’s möglich! 

  1. Tag: Wharwharangi Hut – Totaranui – Apple Tree Bay – Marahau (15 km / 930 Hm)

Bei wiederum traumhaften Sonnenschein genießen wir die urwaldähnliche Wildniss. Hier oben besingen die Vögel die menschenleerere Idylle. Ab Totaranui gehts mit dem Boot zurück. Toll, wie das Wassertaxi anlandet: Es fährt am Sandstrand fast bis ans Ufer und klappt dann eine Landungsbrücke aus. Es bringt uns fast die ganz Strecke zurück, so dass wir auch von der Wasserseite aus nochmal einen Blick auf die herrliche Küstenlandschaft haben. Und sogar Delphine bekommen wir zu sehen, die tollkühn schwimmen und Sprünge machen!

Für diesen Spass hält das Taxi gern an, damit alle Fotos machen können. 

Die letzte Strecke von knapp 2 Stunden gehts wieder zu Fuß, denn am Zielort Marahau ist kein Sandstrand zum Anlegen. Macht nix, für uns ist es ein schöner Abschied von dieser einmaligen Landschaft. Und genau bei der Ankunft am Auto setzt Regen ein. Was für ein Timing! 

Gleich auf dem Campingplatz in Marahau wird erstmal „klar Schiff“ gemacht: Duschen, Strom anschließen, Rucksäcke auspacken, Sachen waschen, …. und endlich alle Berichte „hochladen“ bei einem Gläschen Wein, während es draußen regnet.