15 Kraxeln wie die Gemsen

Weil wir auch nochmal beim Franz Josef Gletscher vorbeischauen wollen ohne dem bösen Zauberer in die Hände zu fallen, fahren wir 25km zurück in das Dorf Franz Josef. Dort beginnt eine wunderschöne Wanderung, die wir am Ziel in die „Top Ten“ aufnehmen werden. Doch bis dahin haben wir ordentlich zu klettern und zu schwitzen! Ab der Douglas Bridge folgen wir einem zerklüfteten Pfad durch bizarres Felsengewirr. Es geht über wunderbare Hängebrücken, von denen eine unserer Meinung nach länger ist als die von Herrn „Massentourismus“ in der Buller George deklarierte und mit Eintrittsgeld als längste Hängebrücke Neuseelands gepriesene. Drei Stunden schraubt sich der Pfad bergauf und bergab, eine Kletterei fast wie in der Sächsischen Schweiz, nur mit 896m Anstieg etwas anstrengender! Endlich erreichen wir den „Robert Point“ und damit eine der schönsten Aussichten auf den ungewöhnlichsten Gletscher der Welt! Wir haben gerade noch Glück mit dem Fotografieren, bevor der Regen einsetzt. Das Beitragsfoto macht übrigens eine ehemalige Bratschistin des Essener Studentenorchesters. So kurz ist der Weg von der Lichtburg nach Neuseeland! 

Der Franz Josef Gletscher stürzt von 3000m Höhe steil in den von uns durchwanderten dichten Regenwald. Uns haben besonders die Baumfarne beeindruckt. Die ungewöhnliche Kombi von Gletscher und Regenwald hat folgende Ursache: Die vorherrschenden Westwinde bringen starke Regenwolken von der Tasmansee, die an der Alpenbarriere aufsteigen. Oben fällt Schnee, der die Gletscher füttert und die Regenfälle unten füttern den Tieflandregenwald. Von den 60 Gletschern im Westland Nationalpark ist Franz Josef der größte mit 10km Länge. Er endet auf ca. 400m, also ungewöhnlich tief. Er ist der zehntgrößte Gletscher der Welt. 
Wir reisen nach dieser schönen Wanderung noch 100km gen Süden unserem nächsten Ziel entgegen und übernachten am Lake Paringa. Hier baden wir noch und verbringen den Regen gemütlich im Wohnmobil.

14 Märchenhafte Gletscher und böse Zauberer 

Es waren einmal zwei Wandersleute, die wurden Mischa und Ulrike genannt. Während ihrer Reise durch Neuseeland kamen sie im Westland Nationalpark zu zwei großen Gletschern, die hießen „Fox“ und „Franz Josef“. Sehr gern wollten Mischa und Ulrike so einen Gletscher mal aus der Nähe sehen, am besten darauf laufen. Da surrten von überall Touristen-Hubschrauber um sie herum und flüsterten ihnen zu: „Steigt ein, wir bringen Euch da hinauf. Wir lassen auch die Sonne für Euch scheinen“. Da konnten die Beiden nicht widerstehen, standen beizeiten mit dem Wecker auf, begaben sich zum Touristen-Büro, ließen sich Strümpfe, Wanderschuhe, Regenhosen und Regenjacken geben (da sie die eigenen nicht benutzten durften). Dann wurden sie gewogen. Da sie zusammen drei Zentner wogen, durften sie nicht vorn im Hubschrauber sitzen, sondern hinterm Piloten. Einstieg und Ausstieg waren schon ein Erlebnis. Sie mussten unter dem rotierenden Propeller den Kopf einziehen und durften nichts Flatterndes  haben, also Anoraks schließen und Kappe abnehmen! Der Flug war grandios! Es ging über den Flussablauf hinauf zur Gletscherzunge. Leider war diese nur 3 Minuten und 23 Sekunden entfernt. Gefühlt schloss sich die Landung also unmittelbar an den Start an.

Auf dem Gletscher bekamen Mischa und Ulrike dann Eispickel unter ihre Schuhe. Dann ging’s los. Ein Guide hackte Stufen, führte sie über den Gletscher, zeigte schöne Eisgebilde und ließ genügend Zeit zum Fotografieren, so dass sich die Beiden mit Herrn Fox bekannt machen und viele schöne Bilder knipsen konnten. Herr Fox bot auch ein kühles Schlückchen Wasser an.

Die drei Besuchsstunden vergingen sehr schnell. Dann verschwand die Sonne hinter dichten Wolken und der Hubschrauber brachte die Beiden, die über diesen märchenhaften Ausflug sehr glücklich waren, wieder nach unten. „Und wenn sie nicht gestorben sind, dann leben sie noch heute.“

Leider gibt es nicht nur Märchenfeen, sondern auch einen bösen Zauberer. Und dieser begleitet Mische und Ulrike auf ihrem Gletscherausflug. Er heisst Herr „Massentourismus“. Er schickt noch 19 weitere Wanderer gemeinsam mit den Beiden hoch auf den Gletscher und jede weitere Stunde nochmal Gruppen mit 20 Teilnehmern. Mitunter sind also 60 Leute gleichzeitig auf dem Eis. Für den Transport reicht ein Hubschrauber nicht aus. Deshalb sendet Herr „Massentourismus“ zwei Hubschrauber im Taktwechsel. Und weil nicht nur Herr Fox, sondern auch Herr Franz Josef und noch viele andere Gletscher sehr gastfreundlich sind, schwirren zahlreiche Hubschrauber durch die Luft und die Einwohner bekommen zur Geburt gleich kleine Mickimäuse als Hörschutz geschenkt.

Mischa und Ulrike finden Herrn „Massentourismus“ nicht nett, haben allerdings zu seinem Wachstum (er wiegt mehr als drei Zentner) etwas beigetragen. 

Über diese Zusammenhänge philosophieren die Beiden dann noch auf der abschließenden Wanderung um den Lake Matheson. Dies ist der berühmteste See Neuseelands, denn in ihm spiegeln sich die Gipfel der südlichen Alpen. Auch Herr Fox schaut sich hier bei Windstille gern in den Spiegel. Er ist etwas eitel, denn er weiß, dass er ein besonderer Gletscher ist. Seine Gletscherzunge reicht bis in den Tieflandregenwald. Zwar hat sein Nachbar Franz Josef noch eine etwas größere Zunge, aber beide sind weltweit einzigartig. 

13 Pancake Rocks und Pancakes

Die bekannteste Attraktion des Paparoa Nationalparks sind die Pancake Rocks. Durch die starke Brandung, die unablässig auf die Granitfelsen und den Kalkstein trifft, sind spektakuläre Felsformationen entstanden, die wie aufgeschichtete Pfannkuchen aussehen. Dazwischen gibt es „Blaslöcher“, durch die besonders bei Flut die Wellen schäumend wie Fontänen emporschießen. Obwohl wir extra mit Wecker aufstehen, können wir dieses Schauspiel mangels Wind und dementsprechend flauem Wellengang nicht vollständig sehen. Das macht aber nichts, denn die Pfannkuchen sind schon ohne Schlagsahne beeindruckend genug.

Vor der 222km langen Weiterfahrt zum Foxglacier stärken wir uns noch mit Schokopancakes und Schlagsahne. 

Wir genießen die wunderschöne Karstlandschaft noch mit einer 11km Wanderung entlang des Parorariflusses (Pororari River Loop)und fühlen uns fast wie an der Ardeche zu Hause. Naja, nicht ganz, denn es geht wieder durch ein uraltes Palmen – und Farndickicht. 

12 Wandeln unter Palmen mit Meeresrauschen

Wir wandern heute den ersten Abschnitt des „Heaphy Track“, einen uralten Weg, von den Māori angelegt, später von Goldgräbern genutzt, im Touristenzeitalter mit 7 Hütten zu einem mehrtägigen Great-Walk ausgebaut und heute von Mischa und Ulrike getestet. Uns interessiert nur der Küstenabschnitt. Der beeindruckende Dschungeltrip, das Rauschen der Wellen der Tasman-See und wunderschöne Ausblicke auf dieses Meer, das Neuseeland und Australien verbindet, entschädigen uns für die auf 17km verteilten ca. 600 Höhenmeter, denn es geht natürlich ständig bergauf und bergab. Wir bekommen bei dieser 4stündigen Wanderung ein Feeling für die raue westliche Küstenlandschaft und hoffen, davon etwas mit den Bildern einzufangen.

Weitere 180km an der Westküste legen wir mit dem Auto zurück. Es ist ein gutes Gefühl, nach getaner Anstrengung den Motor für sich arbeiten zu lassen. Zum ersten Mal traue ich mich im Linksverkehr ans Steuer und wir erreichen unser Tagesziel: Punakaiki. Was man hier sehen kann, steht im nächsten Bericht. 

Erstmal brauchen wir dringend Stärkung und genießen ein Bierchen, Fisch, Burger und Chips im Pup.

11 Bekanntschaft mit einer einzigartigen Höhle und Glühwürmchen 

Punkt 8.45 Uhr startet mit uns und einem weiteren Pärchen ein echt engagierter, sehr gut englisch sprechender Ranger zur „honigfarbenen Kalksteinhöhle“ (Honeycomb Hill Caves). Ohne Führung und Voranmeldung ist eine Besichtigung nicht möglich. Max. 8 Personen dürfen am Tag in die Höhle. Der Ranger lädt uns in sein geländegängiges Auto ein. Die 14km Anfahrt wird mit Vierradantrieb empfohlen. Wir passieren eine Stelle, wo vor zwei Jahren ein Wohnmobil in die Böschung kullerte, unser Respekt wächst, und wir sind über den glücklichen Umstand, unter der Woche wegen Baufahrzeugen nicht selbst anreisen zu dürfen, heilfroh.

Diese Straße ist überhaupt erst als Forstsstrasse zum Abtransport der Urwaldbäume entstanden. Glücklicherweise hat sie heute einen anderen Zweck. 

Vom Parkplatz „im Busch“ gehts dann zu Fuß durch den Regenwald des Kahurangi Nationalparks. Es ist der zweitgrößte und jüngste der 13 Neuseeländischen NPs. Neben den Karsthöhlen und Arches gibt es hier 80 Prozent der neuseeländischen Pflanzenarten und über 100 Vogelarten. Um diese zu erhalten sehen wir sehr viele Fallen für Wiesel und Ratten, die mit einem systematischen Millionenschweren Programm ausgerottet werden sollen. Der Ranger zeigt uns unzählige Pflanzen, lässt uns an den Blättern riechen, findet unscheinbare kleine Orchideen und weist uns auf ein junges, erst 45 Jahre altes Waldstück hin, bevor es dann wieder zu den 1000 Jahre alten Bäumen geht. So sind wir bis zur Höhle schon völlig im Urwaldbann.

Dann heißt es Helme aufsetzen, Stirnlampen an und immer brav den Anweisungen des Rangers folgen und ja nicht laufen, ohne auf die Füße zu schauen! Wir sehen die typischen Stalagmiten und Stalaktiten, kleine Flüsse und Seen und beeindruckende Höhlenformationen. Die Ausmaße sind gewaltig! Dazu kommen die vielen interessanten Erklärungen. Eine weitere Besonderheit sind die Knochen verschiedener Moa-Arten (Riesenvögel) die vor ca. 500 Jahren vom Menschen ausgerottet wurden.

Ein weiteres Highlight sind für uns die Glühwürmchen, die wir hier gar nicht erwartet haben. Dahin müssen wir etwas krabbeln. Diese leuchtenden Brummer haben vor sich eine „Angelschnur“ (dünnes Fädchen) hängen, an dem Insekten kleben bleiben. Bei Hunger wird die Schnur hochgezogen. 

Wir bekommen auch Hunger. Beim Picknick (mit Tischdecke!) lernen wir Neuseeländische Sandwiches und Kuchen kennen – sehr lecker!

Dann gehts wieder 1,5 km durch den Regenwald zur Opara Arch. Dieser Bogen ist mit 200m Länge, 49m Breite und 37m Höhe schon echt beeindruckend!

Diese Ranger-geführte Tour stufen wir als „Volltreffer“ ein und machen noch einen empfohlenen Abstecher zum 1000 Jahre alten, 36m hohen „Big Rimu Tree“ mit einem Durchmesser von 2 Metern!

Völlig beeindruckt von diesen Tageserlebnissen suchen wir unser Nachtquartier auf einem Campingplatz unmittelbar am Meer mit Blick auf die raue See in Erwartung eines fantastischen Sonnenuntergangs. 

10 Ankunft an der Westküste

Heute stehen uns ca. 280 Autokilometer bevor, es ist also ein Fahrtag. Ich traue mich noch nicht richtig ran an den Linksverkehr und unsere Gangschaltung. Also übernimmt Mischa die Strecke allein. Es geht durch Schafwiesentäler vorbei an ginsterblühenden Höhen und dann in die Buller George Schlucht, die zwar beeindruckend ist, aber mit Abstand nicht an die Ardecheschlucht heranreicht. Für die Māori hieß der Fluss Kawatiri „tief und reißend“. Nur wenige Menschen wagten sich dorthin, bis das Gold lockte. Wir nehmen die längste Hängebrücke Neuseelands mit und wanken 110m über den reißenden Strom.


Dann schauen wir uns die White-Creek-Verwerfung an, die bewachsen ist und ihren Schrecken aus dem Jahr 1929 verloren hat. Hier war das Epizentrum des damaligen Erdbebens. Die Erde brach mehrere Meter ab, 17 Menschen kamen ums Leben. (Das Erdbeben von Christchurch 2011 das als niedrigstes auf der Richterskala aufgezeichnet wurde, forderte 185 Menschenleben natürlich auch wegen der größeren Bevölkerungsdichte.)

Den ganzen anderen Touristenrummel lassen wir aus, die Schlucht bietet Wildwasser-Abenteuer wie Rafting, Jetboot-fahren und am Seil über den Fluss sausen und natürlich gibts ein Kassenhäuschen für alles. 

Wir erreichen unseren Zielort Karamea am Nachmittag. Hier endet auch die Strasse SH67. Wir sind also fast am Ende vom anderen Ende der Welt. Im Visitorcentre werden wir bestens beraten und buchen das Highlight für den nächsten Tag – eine Höhlenbesichtigung.

Zum Abendessen probieren wir eine Saisonspezialität: whitebaits. Das sind winzige Fische, die von Mitte September bis Mitte Oktober gefangen und literweise verkauft werden. Man bereitet sie wie Eierkuchen zu, schmeckt nicht schlecht, kann aber dem Vergleich mit richtigem frischen Fisch nicht standhalten. 

08 Wandern mit den Gezeiten

Der Abel Tasman Coast Track gehört zu den Great Walks. In allen Reiseführern wird davon geschwärmt, dass es keinen schöneren Küstenwanderweg in Neuseeland mit so herrlichen türkisgrünen Lagunen und goldfarbenen Sandbuchten gäbe. Also fahren wir dorthin! Unterwegs werden Brötchen, Päckchensuppen, Wurst, Käse, Müsli, Milchpulver, Tee, Kaffee, Nüsse und Mars-Riegel und eben doch noch nach langem Suchen eine weitere Gaskatusche eingekauft. 

Das Auto stellen wir am Parkplatz ab. Und los gehts!

  1. Tag: Marahau – Anchorage Hut (11,6 km / 500 Hm)

Wunderbares Wetter und eine für uns völlig unbekannte Landschaft: Manukawald, Baumfarne, die immer größer werden (so wie auch die Steigungen von Tag zu Tag zunehmen) und Nikaupalmen lassen uns im Urwaldgefühl durch ein dichtes Blätterdach ziehen. Irgendwie hat der Track ein tropisches Flair. Wir laufen viele Buchten aus, kleine Wasserfälle werden auf Brücken überquert. Immer wieder gibt es schöne Blicke auf Meeresbuchten der Tasman Bay. 

Dann die erste „Hut“! Wir lernen das Hüttenleben kennen: Es gibt 6-16 Betten-Räume mit Doppelstockbetten und Matratzenlagern. Die Matratzen sind so wie Turnmatten. Dadurch sauber aber nicht geräuschlos, wenn man sich auf dem Lager mal dreht. Im gemeinsamen Aufenthaltsraum steht ein alter Eisenofen. Mischa hackt (tolles) Holz mit Äxten, die Metallstiele haben. Wasser gibts meist nur draußen. Es ist kein Trinkwasser, also Abkochen oder Filtern sind erforderlich. Manchmal ist eine Dusche da, natürlich kalt und alles etwas sehr einfach. Jeder hat gut gerechnet einen Haken. Licht gibt es nicht, aber dafür Klopapier im etwas entfernt stehenden Klohäuschen. Die Hütten sind mit 25-35 Personen meist voll belegt. Wenn’s dunkel wird so gegen 20.30 Uhr wird eben ins Bett gegangen. Das morgendliche Aufstehen ist auch ein kollektiver Prozess. Sobald der erste Schlafsackreissverschluss schnarrt, sind alle wach. 

Und dennoch: Es ist ein schönes Erlebnis und wir schlafen gut. Die Leute kommen aus aller Herren Länder, es gibt schöne Gespräche, man schaut sich beim Kochen zu, vergleicht die Kochutensilien und die Fertiggerichte. Da gibt es gegenüber unserer Päckchennudelsuppe enorme Steigerungsmöglichkeiten! Wir zehren noch von der Erinnerung an das 3-Gänge Gourmet-Menü in den Marlborough-Sounds, wenn unsere Blechschüsseln leergekratzt sind und wissen: Es gibt noch eine Handvoll Nüsse vorm Schlafen!

Es sei vorweggenommen, dass wir sehr gut mit allem reichen, ein Brötchen, zwei Teebeutel und ein paar Nüsse erschweren uns den Heimweg. Aber bis es dazu kommt, absolvieren wir noch vier weitere Tageswanderungen. 

  1. Tag: Anchorage Hut – Bark Bay Hut (8,7 km / 600 Hm)

Es wird spannend, denn wir müssen bei Ebbe starten und eine Wattfläche ca. 20 Minuten überqueren. Die Rangerin empfiehlt spätestens 8.30 Uhr. Überquerungen sind immer bis zu 2 Stunden vor und nach Niedrigwasser möglich. Wir halten uns tunlichst an den Tipp der Ranger, die täglich die Hüttenbewohner kontrollieren und über das Wetter am nächsten Tag informieren. 

Diese Tour ist kurz, wir laufen 2,5 Stunden im Regen. Abends treffen wir bekannte Gesichter und haben nette Gespräche, obwohl es nicht immer einfach ist, die unterschiedlichen Englischsprachigen zu verstehen. 

  1. Tag: Bark Bay Hut – Awaroa Hut (15 km / 1.068 Hm)

Wir ziehen es beim Start vor, 10 Minuten Umweg zu laufen und umgehen das Watt, dessen Priele uns zu tief sind. Dabei werden wir an diesem Tag ohnehin nass bis auf die Haut trotz Regenkleidung. Es pinkelt durchgängig, Tendenz steigend! Diese 6 stündige Wanderung hübschen wir uns mit einer Einkehr in das einzige Restaurant auf der Strecke mit Fischterrine und Bierchen (Mischa) und Fisch und Ships und Rotwein (Ulrike) auf. Wenn man so was Leckeres im Magen hat, macht das die klammen Sachen ein wenig kuscheliger. In der Awaora Hut türmen sich die nassen Sachen überm Ofen. Wir sind dankbar für unsere Packweitsicht und können uns einmal komplett neu trocken umziehen. Vorher baden wir im türkisfarbenen Meer, duschen an der Strand-shower und fühlen uns wie neugeboren! 

  1. Tag: Awaroa Hut – Whariwharangi Hut (18 km / 1.170 Hm)

Der herrliche Sonnenschein entschädigt für alle Regentropfen! Der Start gestaltet sich als großes Erlebnis, denn wir haben die größte Wattfläche der Wanderung zu überqueren, für die es keine Alternative gibt. Punkt 8.15 Uhr ziehen wir mit der Karawane los. Vorsorglich haben wir anstelle der Wanderschuhe Tevasandalen an, denn einige Priele sind zu durchwaten. Diese Tour reiht eine Steigerung an die nächste: Der Wald ist beeindruckend, die Aussichten werden mit den Steigungen immer gewaltiger bis zum Höhepunkt des „Separation Point“ ganz im Norden, wo ein rauher Wind weht und wir in der Tiefe Robben erkennen. Wir sind sehr froh, die Wanderung nicht wie die meisten schon vorher in Totaranui beendet zu haben, sondern diese Schleife mit einer letzten Hüttenübernachtung noch drehen. Dieses alte Farmerhaus ist zwar genauso einfach, aber hübscher. Hier verbringen wir einen lustigen Abend beim Kartenspiel „DOS“ und gehen mal nicht mit Anbruch der Dunkelheit schlafen. Die Stirnlampe macht’s möglich! 

  1. Tag: Wharwharangi Hut – Totaranui – Apple Tree Bay – Marahau (15 km / 930 Hm)

Bei wiederum traumhaften Sonnenschein genießen wir die urwaldähnliche Wildniss. Hier oben besingen die Vögel die menschenleerere Idylle. Ab Totaranui gehts mit dem Boot zurück. Toll, wie das Wassertaxi anlandet: Es fährt am Sandstrand fast bis ans Ufer und klappt dann eine Landungsbrücke aus. Es bringt uns fast die ganz Strecke zurück, so dass wir auch von der Wasserseite aus nochmal einen Blick auf die herrliche Küstenlandschaft haben. Und sogar Delphine bekommen wir zu sehen, die tollkühn schwimmen und Sprünge machen!

Für diesen Spass hält das Taxi gern an, damit alle Fotos machen können. 

Die letzte Strecke von knapp 2 Stunden gehts wieder zu Fuß, denn am Zielort Marahau ist kein Sandstrand zum Anlegen. Macht nix, für uns ist es ein schöner Abschied von dieser einmaligen Landschaft. Und genau bei der Ankunft am Auto setzt Regen ein. Was für ein Timing! 

Gleich auf dem Campingplatz in Marahau wird erstmal „klar Schiff“ gemacht: Duschen, Strom anschließen, Rucksäcke auspacken, Sachen waschen, …. und endlich alle Berichte „hochladen“ bei einem Gläschen Wein, während es draußen regnet.

07 Zwischenstation 1: Am rauschenden Bach

Auf dem Weg zu unserem nächsten Ziel, dem Abel Tasman Coast Track, brauchen wir natürlich unser repariertes Auto. Der Superkoch der Lodge bestellt uns das Wassertaxi und bringt sogar unser Gepäck zum Steg. Im Expresstempo rauschen wir nach Picton.

Hier klappt der Autotausch tatsächlich problemlos auf dem Parkplatz. Da hat sich die Werkstatt nicht lumpen lassen.

Was wir weiterhin brauchen, sind Hüttenbuchungen. Und das erweist sich für die nette Dame im Visitor Centre in Picton als echte Herausforderung, der sie ihre Mittagspause opfert. Wetter, freie Hüttenplätze, Gezeiten und ein Wassertaxi für die Rückfahrt müssen übereinander gebracht werden. Noch dazu wird gerade der Computer auf „Sommer“ umgestellt. Nach zwei Stunden verlassen wir mit allen Buchungen und einer Flasche „Sandfly-Spray“ erleichtert, aber auch sehr hungrig das Visitor Centre. 

Unser Auto wird auf dem sehr windungsreichen 36km langen Queen Charlotte-Drive geprüft! Es bewältigt die vielen Steigungen und Kurven dieser wunderschönen Küstenstraße hervorragend. Möge es gesund bleiben! Dass das linke Vorderlicht nicht brennt, nun ja, mit kleinen Weh-Wehchen kann man leben. Wir finden auf der Strecke in Havelook das empfohlene Muschelrestaurant. Echt gemütlich und lecker! Da Muscheln in den Marlborough-Sounds gezüchtet werden, ist das eine lokale Spezialität mit vielfältigsten Zubereitungsvarianten. Wir probieren gebratene und frittierte Muscheln. 

Zufällig entdecken wir einen wunderschönen Campingplatz „Pelorus Bridge – Scenic Reserve“. Wir stehen direkt am steinigen Flussufer, das uns an die Ardeche erinnert, und können uns in dem rauschenden kristallklaren Wasser erfrischen. Da müssen wir einen Tag bleiben! Wir genießen auf der kleinen 8km langen Wanderung kleine Wasserfälle unter riesigen alten Bäumen. Noch wissen wir nicht, ob das weit verbreitete und markant riechende schwarze Baum-Moos von einem Brand herrührt oder von Pilzen. 

Bei Sonnenschein und Wasserrauschen nehmen wir nun unsere Gedanken zusammen, um die Rucksäcke für unsere fünftägige Hüttenwanderung zu packen. Wir müssen uns selbst verpflegen mit Kocher und Töpfen und allem Drum und Dran. Wasserfilter, Stirnlampen, Regensachen, Schlafsäcke, Zwiebelkleidung, jedes Teil wird genau überlegt. Reicht eine Gaskatusche? Alles wird nochmal überschlafen, Unwichtiges am Morgen wieder ausgepackt. Und dann geht es endlich los! 

06 Wir stolpern ins Glück

Mit unserem geschrumpften Auto steuern wir unser nächstes Reiseziel an: die Malborough Sounds. Das ist ein im Norden der Südinsel gelegenes stark zerklüftetes Gebiet mit unzähligen Buchten, Inseln und Stränden. Es soll ein nach der Eiszeit vom Meer überflutetes Mittelgebirge sein. Māori, die Entdecker Neuseelands aus Polynesien, lebten hier seit 600 Jahren, als James Cook 1770 das Land in britischen Besitz brachte. Hier entstand im 19. Jh. der größte Walfängerhafen der Welt, und bis Mitte des 20. Jh. ist es der Ankerplatz für die Walfängerflotten des Pazifik. Heute ist die touristische Hauptattraktion der 71 km lange Queen Charlotte Track. Und da wollen wir hin!

Die mehr als zwanzig angepriesenen wunderschönen Campingplätze sind nun als Ausgangspunkt für uns tabu. Also gehen wir in die Vollen und mieten wir uns für drei Tage in der wunderschönen luxuriösen „Mahana Lodge“ übers Internet ein. (Für die Hauptsaison hätte man hier ein halbes Jahr im Voraus buchen müssen.) Sie hält, was sie verspricht: Zimmer mit Meerblick, nur wenig Gäste, mit denen wir interessante Gespräche führen. Aber erstmal müssen wir dahin kommen. Und das geht nur mit dem Wassertaxi. Zweieinhalb Stunden dauert die wunderschöne Tour durch die Marlbotough Sounds mit Stopp in einigen Buchten, wo die Post oder Waren oder Touristengepäck übergeben werden. So gut hätten wir dieses riesige Gebiet mit dem Kanu (ursprünglicher Plan) gar nicht erkunden können. Wir werden direkt am Steg der Lodge mit einem Mini-süßen-Lastenauto abgeholt. 0b wir besondere Wünsche an das 3-Gänge-Menü zu Abend hätten? Punkt 18 Uhr startet dieses persönlich vom Koch erläuterte Gourmet-Dinner. Wir können uns nichts Besseres vorstellen, müssen uns allerdings beim Abschieds-Dinner revidieren, denn hier übertrifft der Koch nochmal alle Erwartungen. 

Nicht nur das Essen, sondern auch die beiden Wanderungen auf dem Queen-Charlotte-Track mit jeweils 15 km bei herrlichem Sonnenschein sind ein Volltreffer. Die erste Tour führt auf dem Kamm entlang zum „Eatwells Lookout“ und bietet viele Panoramablicke. Am Ziel versucht ein neugieriger Weka, uns das Essen zu klauen. Wir sind nun nicht nur aus dem Reiseführer gewarnt und lassen unsere Wanderschuhe nun nicht mehr draußen stehen, denn Wekas lieben deren Schnürsenkel. 

Die zweite Tour in die andere Richtung führt entlang der zerklüfteten Küste zur „Furneaux Lodge“. Ganz anders ist hier die Vegetation mit echtem Urwald-Flair: Nikaupalmen, Sumpfzypressen, Lianen. Hier sollen auch kleine Pinguine ihre Nester bauen. Das Wassertaxi – von unserem Koch persönlich bestellt- wartet bereits. Wir sausen also eine halbe Stunde vor fahrplanmäßiger Abfahrtzeit zurück zu unserer  Mohana-Lodge. Der Ausstieg aus dem Taxi bei Ebbe gestaltet sich echt schwierig: schließlich krabbeln wir durch die Fensterluke des kleinen Schiffs. Der Kapitän lobt unsere sportlichen Kletterfähigkeiten und dankt uns. Dabei verhält es sich ja mit der Dankbarkeit umgekehrt. Das alles hätten wir uns selbst nicht organisieren können, denn hier gibt es weder Internet noch Telefon. Der Chefkoch empfängt uns mit der erfreulichen Nachricht, dass unser Camper repariert sei und morgen 12 Uhr übergeben wird. Das Wassertaxi hat er gleich für 11 Uhr bestellt. 

So können wir das Baden im Pazifik genießen, auch wenn das Wasser etwas kalt ist. Leider sehen wir kein Exemplar der hier lebenden Hector-Delphine (seltenste Delphine der Welt mit nur 1,50m ) oder Orkas. 

Als wir erfahren, dass die Straße, die wir ursprünglich als Einfahrt in die Malborough-Sounds nehmen wollten, derzeit mit einem normalen Auto nicht befahrbar ist, sind wir über diese Lodge-Lösung doppelt dankbar. Also: Glück im Unglück!

05 Wie unsere Tischdecke ins Motel kommt

Frohgemut steuern wir unser nächstes Reiseziel Picton an. Die Küstenstraße zwischen Bergen und Pazifik schlängelt sich traumhaft über immer höher werdende Bergkuppen, als plötzlich der Motor aufheult und das Auto stetig langsamer fährt. Mit Mühe und Not erreichen wir die Bergkuppe, erleichtertes Abrollen, doch der nächste Berg ist in Sicht. Jetzt kommt nicht nur der Motor ins Schwitzen sondern auch wir. Es beginnt zu stinken. Die erste kleine Bucht auf halber Höhe rettet uns. Wir rufen unseren Verleiher „Wendekreisen“ an. Er tut seinem Namen keine Ehre. Weder kreiselt er, noch wendet er unser Problem. Wir sollen doch weiterfahren, oder uns rückwärts den Berg wieder runter rollen lassen. Man könne das Auto doch auch an eine sichere Stelle schieben. Zum Glück ist eine Verständigung auf Deutsch möglich. Ein anderes Wohnmobil gäbe es nicht und man könne nicht sagen, ob ein Ersatz-PKW noch heute eintreffen würde. Wir könnten doch an dem State Highway übernachten? Unsere Reaktionen werden immer ärgerlicher und erreichen einen ersten Höhepunkt als die Anmerkung kommt, ob wir wohl die Kupplung richtig bedient hätten? Nach einigen Telefonaten wird uns ein Ersatz-PKW für diesen Abend zugesagt – Ankunft ungewiss. Zwischenzeitlich nehmen wir nach 30 Minuten Abkühlung von Motor und Nerven nochmal allen Mut zum Durchstarten zusammen und schleichen erfolgreich auf die Bergkuppe. Von da lassen wir uns ins nächste Dorf rollen und biegen auf eine Nebenstrasse ab. Ulrike marschiert hoffnungsvoll durch verwaiste Dorfstraßen (es stürmt zudem immer stärker) ohne eine Übernachtung zu finden. Immerhin kühlt währenddessen der Motor ab. Inzwischen meldet sich ein vom Vermieter kontaktiertes Autounternehmen. Sie wissen nicht, wann der Ersatz-PKW ankommt, es kann 23 Uhr werden. Wir sollen alles packen, denn der Camper Van wird dann im Austausch abgeschleppt und zurück nach Christchurch gebracht. Nur hier sei eine schnelle Reparatur möglich. Uns beschäftigt immer stärker die Frage, wo wir übernachten sollen, wird doch unser Bett im nächtlichen Austausch mitgenommen. Mischa erkundigt sich bei Anwohnern, ob bis zum 22 km entfernten Blenheim (mit zahlreichen Motels) noch Berge seien. Nein, es ginge nur noch downhill (bergab). Also versuchen wir unser Glück! Wer wagt, der gewinnt! Zunächst müssen wir ca. 10 m hoch bis zum Highway schaffen. Ja, geschafft! Dann im vierten Gang von Kurve zu Kurve. Was ist dahinter? Nochmal eine Steigung! Auch die schaffen wir gerade so. Danach geht es wirklich nur noch bergab. Noch 18 km, nächste Kurve: Ebene des Weinanbaugebietes in Sicht, 15 km, gleichmäßiges Zuckeln, hupende Autos überholen uns, noch 10 km, Adrenalin geht runter,  5 km, wir erreichen Blenheim!  Glücklicherweise keine Ampeln, nur Kreisverkehre, 3. Gang, wir rollen in den Hof eines Motels, das uns im Internet noch ein freies Zimmer angezeigt hat. Ja, wir können übernachten! 

Wir räumen den Camper Van vollständig aus. Dann schlendern wir in den Ort und finden eine nette Bar, wo wir auf unser Glück im Unglück anstoßen. 

Um 24 Uhr übergibt uns eine Fahrerin einen Ersatz- PKW. Sie ist fix und fertig, musste im Sturm anhalten und fällt im gegenüberliegenden Bungalow wie wir ins Bett. 

Als wir am nächsten Morgen um 7.30 Uhr aufstehen, ist unser Camper Van verschwunden, die Frau auch. Wir wissen nicht, ob er abgeschleppt wurde, oder ob die Fahrerin glaubte, ihn bis Christchurch zu bekommen. Das werden wir alle später erfahren. 

Ach ja: Unsere Kult-Tischdecke, die uns bislang auf sämtlichen Urlaubsfahrten begleitet hat, verleiht uns beim Frühstück im Motel einen zuversichtlich Start in den Tag.