Irgendwann geht auch der schönste Urlaub zu Ende und so heißt es für uns nun Auto abgabefertig machen. Das bedeutet, auf der 130km langen Rückreise nach Christchurch Müll loswerden, alles entleeren, Wasser auftanken, Gasflasche neu befüllen (wir haben erstaunlicherweise mit einer kleinen Gasflasche gereicht) und natürlich die Luft aus dem Benzintank lassen. Es gibt in Neuseeland nicht nur viele saubere Toiletten, sondern auch zahlreiche Wohnmobil-Dumpingstations, so dass alles kein Problem ist. Ehrlich gesagt sind wir sehr erleichtert, nach 3.600km ohne Schrammen, Beulen oder größere Schäden auf den Hof der Verleiher-Firma „Wendekreisen“ in der relativ großen Stadt einzurollen. Das Übergabeprocedere ist unkompliziert erledigt und ein Taxi bringt uns in ein sehr hübsches kleines Motel zentral in der Innenstadt gelegen, was wir für zwei Nächte gebucht haben.Schockiert betreten wir die wunderschönen großen Räumlichkeiten.
An dieser Stelle sei ein kleiner Exkurs zum Thema „Quadratmeter pro Person“ erlaubt: Neben einem geräumigen Zimmer gibt es im Motel ein Bad mit Klo, Dusche und Waschbecken sowie eine kleine Küche und Balkon (ohne Sandflys). Wir fassen es nicht, in so einem Tanzsaal unseren Urlaub zu beenden. Nach 6 Wochen im Wohnmobil können wir uns parallel in einem Raum bewegen und dabei sogar die Arme ausbreiten! Unser „Wohnmobil“ war ein 6m langer chinesischer (!) ausgebauter Lieferwagen. Ziehen wir die Fahrkabine ab, haben wir ca. 4,5m x 2m. Davon müssen wir nochmal den Bade- und Kochblock abziehen und die als Bett umbaubare Sitzecke. Es verbleibt ein Einbahnweg von 1,50m x 0,50m. Dass hier nur mit Absprache unfallfreie Bewegungen möglich sind, liegt auf der Hand. (Die Neuseeländer handhaben es ja mit ihren in der Regel nur einspurig befahrbaren Brücken genauso.) Als 39 Jahre verheiratetes Ehepaar bewältigen wir diese Herausforderung ohne Probleme. Das fehlende Waschbecken im Bad erfordert gegenüber unserem sehr geräumigen Hymer-Wohnmobil „Hugo“ einige logistische Raffinessen. Alles in Allem meistern wir die Probleme, ohne dass einer im Regen oder einer Sandflywolke draußen ausharren muss, damit der andere sich unterdessen rasieren oder die Zähne putzen kann. (Unsere Freunde mit Wohnmobilerfahrung wissen, wovon wir sprechen.) Wir befürchten nun, uns nach der Heimkehr in unserer Wohnung etwas zu verlieren…
Aber kommen wir zurück zur Sache: In Christchurch waren zwei Erdbeben: Das erste am 4. September 2010 mit einer Stärke von 7,1, wobei das Epizentrum 40km von Christchurch entfernt war. Die Zerstörung war gering. Beim zweiten Erdbeben am 22. Februar 2011 mit einer Stärke von 6,3 lag das Epizentrum nur 6,7km südöstlich der City. 185 Menschen starben und die Zerstörung war enorm.
So fallen die vielen Baustellen in der Stadt auf, die Kathedrale soll 2029 wiederaufgebaut sein, viele andere Sehenswürdigkeiten sind noch nicht zugänglich. Auf der Stadtrundfahrt mit der historischen Straßenbahn erklärt der Fahrer die Ursache der zahlreichen geschotterten Autoparkplätze. Da haben Gebäude gestanden.
Dennoch gibt es viele schöne Dinge zu bestaunen: Den botanischen Garten mit Baumriesen und einem gepflegten Rosengarten.
Alpenesche, über 100 Jahre alt, 3,7m Durchmesser
Beeindruckend ist auch die vor 20 Jahren errichtete Art Gallery, die alles unbeschadet überstanden hat. Einige Exponate gefallen uns.
Das Art Centre ist ein Komplex historischer Backsteingebäude, bis 1974 Universität, wird heute vielfältig für Kunstzwecke genutzt. Es musste für 200 Millionen neuseeländische Doller (ca. 100 Mill. €) wiederaufgebaut werden. Glücklicherweise hat man 2009 die Versicherungspolicen überarbeitet. Sonst hätte die Rekonstruktion 2023 nicht so erfolgreich beendet werden können.
Hier frischen wir unsere Kenntnisse über den neuseeländischen Nobelpreisträger, Vater der Nuklearphysik, Entdecker der Atomteilchenenergie und -strahlung, Ernest Rutherford (1871-1937) etwas auf und setzen uns in seinen Vorlesungssaal.
Wir verabschieden uns etwas untreu von Neuseeland mit der mexikanische Küche und ich erweitere meine Kenntnisse auch in Cocktails.
Der Rückflug ist nochmal ein mathematisches Rätsel. Wie kann es sein, dass wir am Samstag, 2. Dezember um 12 Uhr in Christchurch abfliegen und nach 24 Stunden reiner Flugzeit und einem 6stündigen Aufenthalt in Singapur am Sonntag, 3. Dezember um 6:20 Uhr in Frankfurt a.M. landen?
Wann wir dann aber in Essen sein werden, kann bei Schneefall, Frost und den so gern streikenden Lokführern der Bahn einfach niemand wissen.
Für den letzten Urlaubstag mit dem Wohnmobil steuern wir den Arthur‘s-Pass-Nationalpark an, um nach 14 Flachlandtagen nochmal alpines Flair zu genießen. Wir folgen unserem zuverlässigere Rother Wanderführer auf eine 13 km vor dem Pass empfohlene „Bealey Spur Hut“ mit Panoramablicken auf das Waimakaririn Valley und die zerklüfteten Bergzüge. Alles ist nochmal dabei: 550m Anstieg bis zur Baumgrenze auf 1230m Höhe, Bergbuchenwald, Tussockgrashügel und Moortümpel. Am Ziel steht eine 1925 errichtete Hütte für Schäfer.
Bis zu 6000 Schafe waren bis zur Nationalparkgründung 1978 auf den Bergkämmen. Die Hüttenkonstruktion ist Vorbild für viele weitere Schäferhütten. Sie wird auch heute noch von den „ganz Harten“ genutzt.
Wir ziehen unsere Lodge auf vier Rädern vor und finden unweit nochmal einen schönen Stellplatz mit Blick auf die Berge.
Allerdings werden wir hier von besonders vielen winzigen Sandfliegen empfangen, sodass wir diesen stechenden Plagegeistern an dieser Stelle noch einen Absatz widmen. Sie sind überall in Neuseeland mehr oder weniger scharenweise anzutreffen, stechen wie unsere Mücken und es juckt höllisch! Alles in Allem hatten wir in vielen Gebieten Glück. Laut örtlichen Warnungen und Beschreibungen an Campingplätzen muss es teilweise sehr schlimm sein. Überall wird nach Zitrone riechendes Öl angeboten. Wir lassen uns gleich zu Urlaubsbeginn ein Mittel in der Apotheke empfehlen und brauchen hier am letzten Tag alles auf. Wir ziehen es sogar vor, als Schutzmaßnahme im Auto zu essen! Betrachten wir diese besondere Sandfliegeninvasion als kleine Abschiedserleichterung.
Die Catlins sind ein liebenswerter hügeliger Küstenstreifen mit satten grünen Wiesen, auf denen sich Schafe und Lämmer tummeln, durchbrochen von kleineren Regenwaldabschnitten und windschiefen Bäumen. Strahlende Sandstrände in Buchten und schroffe Felsvorsprünge wechseln einander ab. Alle angepriesenen Naturwunder werden durch die „Southern scenic route“ miteinander verbunden. Wir sind erst unsicher, mit dieser Tour für die letzten uns verbleibenden Tage wirklich das Richtige ausgewählt zu haben. Die Neuseeländer verstehen sich auf Touristenvermarktung und verkaufen dir auch Mittelmaß als verkanntes Weltwunder. Wir sind da leider etwas skeptisch geworden…
Der erste Tag nimmt uns die Zweifel, denn wir landen drei Volltreffer:
Da wäre als erstes eine Seelöwenfamilie zu nennen, die sich am Waipapa Point gleich hinter dem Leuchtturm am Strand jeder auf seine Weise vergnügt: Die beiden Jungen tummeln sich im Wasser, die Mutter faucht sie immer mal an und der Seelöwenvater pennt am Strand und wälzt sich höchstens mal auf die andere Seite im warmen Sand. Wir schauen lange zu, halten den vorgeschriebenen Abstand von 20m ein und haben ob des lautstarken Brüllens der Seelöwin und der imposanten Größe des mit grosser Mähne ausgestatteten Herrn Seelöwen immer einen Fluchtpfad im Visier. Das ist schon etwas anderes als im Zoo!
Der Leuchtturm ist zugleich ein Wahrzeichen eines schlimmen Schiffsunglücks 1981, bei dem 131 Menschen ums Leben gekommen sind, weil das Schiff auf ein Riff 1km vor der Küsten aufgelaufen ist.
Wir steuern die nächste Bucht an, an deren Ende der zweite Volltreffer wartet: der südlichste Punkt Neuseelands. Bis zum Südpol ist es von hier aus nicht so weit wie nach Hause.
Der dritte Volltreffer lässt in der Curio Bay lange auf sich warten. Wir haben vor dieser Begegnung einen wunderbaren Meeresblickstandplatz gefunden, in der berühmten Wellensurver-Sandbucht (Porpoise Bay) gebadet, uns mit einem selbstgezauberten Lamm-Burger gestärkt und stehen warm angezogen, die Kamera am Auslöser, pünktlich 18.45 Uhr auf der Besucherplattform. Die Sonne schaltet ihre Wärmestrahlung ab, der Wind legt an Geschwindigkeit zu, wir beginnen zu frieren. Wer nicht kommt, ist der dritte Volltreffer. Wir überlegen, könnte etwas im Meer passiert sein? Riffe? Strömungen? Wir harren, inzwischen zitternd und bibbernd aus. Da endlich, um 20.30 Uhr kommt ein Gelbaugenpinguin vom Meer ans Land. Er hüpft auf einen Stein und trocknet sich erstmal. Das ist so weit entfernt, dass man das auf dem Handy kaum wird erkennen können.
Übrigens scheint der Pinguin auch nicht zu wissen, dass er sich auf einem 180 Millionen Jahre alten Fossilienwald aus der Jurazeit befindet, von denen nur drei auf der Welt zugänglich sind. Die versteinerten Stümpfe zeugen von Neuseelands einstiger Verbindung zum Urkontinent Gondwanaland.
Wir warten und hoffen auf weitere Artgenossen, die weniger medienscheu sind, aber nichts. Offensichtlich brütet von den 300 bekannten Paaren nur eines hier in der Bucht. Der Gelbaugenpinguin gehört zu den vier größten Pinguinen, die es weltweit gibt. Er wird 65cm groß und wiegt 5Kg. Im November müssen die Jungen mit täglich 1kg Fisch gefüttert werden. Abwechselnd übernehmen das die Eltern, indem sie morgens aufs Meer hinaus schwimmen, sich den Bauch vollschlagen und abends zurückkehren.
Wir setzen unsere Reise in den Catlins am Folgetag fort und scheinen uns irgendwie auf drei Ereignisse pro Tag einzuschiessen.
Unser erstes Ziel erfordert das Aufstehen mit Wecker, denn die Cathedral Caves gestatten einem nur bei Ebbe Eintritt. Das sind große Seehöhlen, die nicht durch Flusseinwirkung, sondern durch mechanischen Wellengang entstanden sind. Mit einer Länge von 199m gehören die Cathedral Caves zu den 30 längsten bekannten Seehöhlen der Welt. Wir durchqueren zwei imposante Hallen trockenen Fußes auf samtweichen Sand.
An- und Abmarsch zur Höhle ermöglicht ein bis zur Küste reichender Regenwaldweg.
Zweiter Stopp ist ein kurzer Spaziergang zu Wasserfällen, die in vier Stufen den Regenwald herabstürzen.
Das reißt uns nicht vom Hocker. Irgendwie sind wir mit dem „Fahren mit Zwischenstopps“ nicht ganz glücklich, es ist nicht unser Ding, lieber machen wir einen Halt und unternehmen etwas Größeres. So beschließen wir, die Kleinigkeiten am Wegesrand auszulassen und direkt zu einem von mehreren Seiten empfohlenen Naturcampingplatz in die Purakauhui Bay zu fahren. Da springt uns unterwegs doch noch eine Kuriosität ins Auge: Ein Bastler hat sich lauter verrücktes mechanisches und elektronisches Spielzeug ausgedacht, dass er in einem alten Bus und im Garten nicht nur ausstellt, sondern auch ausprobieren lässt. Alles funktioniert! Es klingelt, hupt, blinkt, blitzt in allen Ecken, echt lustig! So eine Fülle von Ideen, was man aus altem Kram alles zaubern kann.
Dieses Highlight hat dem Tag nochmal etwas Pfeffer gegeben und wir genießen den schönen Stellplatz mit Blick auf Meer und Felsbrandung und warten auf die Sonne, die heute aber leider Ruhetag hat.
„Alle guten Dinge sind drei“. Auch am dritten und letzten Tag in den Catlins haben wir drei wunderschöne Erlebnisse. Zuerst steuern wir den Leuchtturm „Nugget Point“ an. Zwar sehen wir keine der angekündigten Seeelefanten, dafür aber Robben von einem phantastischen Panoramablick.
Dann legen wir eine längere Anfahrt von 150km nach Dunedin zurück, wo wir uns 16 Uhr zu einer Führung im einzigen Albatrosszentrum auf dem Festland angemeldet haben. (Sonst brüten diese imposanten Vögel auf Inseln). Ein weiterer Tourist schließt sich uns an, und so genießen wir eine interessante Stunde mit vielen Erklärungen, einer Filmvorführung (ich schneide diese auf dem Handy mit) und einer Beobachtung – hinter Scheiben versteht sich.
Wir können von insgesamt 44 Brutnestern 6 erkennen. Es lebe derzeit 88 König-Albatrosse dort. Das ist ein Prozent der Gesamtpopulation. Während diese weltweit zurückgeht, steigt sie im Zentrum, vielleicht auch wegen der menschlichen Hilfe während der Schlupfphase. Aber fangen wir am Anfang an: Albatrosse werden 25 bis 40 Jahre alt. Der älteste überhaupt hat 76 Jahre erreicht. Der älteste noch lebende Albatross ist 67 Jahre alt. Sie suchen sich einen lebenslangen Partner – wenn der „verlorengeht“, darfs auch ein anderer sein. Ein Weibchen hatte mal fünf Partner, wobei der fünfte der zweite war. Alle zwei Jahre legen sie ein Ei. Sie brüten abwechselnd jeder immer 3-7 Tage. In dieser Zeit muss der brütende Partner ohne Essen auskommen. Die Brutzeit dauert 10-11 Wochen. Vom Schlüpfen bis zum Fliegen nehmen die Jungen im Zeitraum von 9 Monaten von 300g bis zu 8/9 kg zu. In dieser Zeit werden sie von beiden Eltern gefüttert und im Nest allein gelassen.
Königalbatrosse erreichen eine Flügelspannweite von 3,70m. Sie legen an einem Tag 500km zurück, es können aber auch mal 1000km werden. Die Flügel haben einen Einrastemechanismus, der auch tagelangens Fliegen ermöglicht. Sie rasten auf Wellen und verbringen so 80 Prozent ihres Lebens auf dem Meer. Sie finden Nahrung mit ihrem Geruchssinn und ernähren sich von einer speziellen Art der Tintenfische. Leider schnappen sie auch andere Dinge. In einem Albatrosmagen wurde diese Schachtel voller Plasteartikel gefunden.
Es war alles sehr beeindruckend! Wir rollen gleich nochmal 130km weiter nach Oamaru, wo es eine Blaupinguin-Kolonie gibt.
Eigentlich gehören Blaupinguine zu den kleinsten Pinguinen der Welt. Sie sind 30cm groß, wiegen 1kg und werden 8-10 Jahre alt. Morgens gehen sie auf Nahrungssuche ins Meer und zur Dämmerung kehren sie heim. Um 20.30 Uhr können wir von der Tribüne aus zuschauen, wie die kleinen possierlichen Pinguine scharenweise in Gruppen den Felsen hochwatscheln, die „Zähltore“ durchschlüpfen, sich trocknen und dann durch die Schreien ihrer Küken die Nester finden. Am Ende sitzen vor fast jedem Nest 1-2 Pinguine. Ca. 300 Blaupinguinen wünschen wir eine gute Nacht. Leider ist Fotografieren in der Kolonie verboten. Auf dem Heimweg treffen wir noch ein paar Außenseiter, die uns einen Schnappschuss gestatten.
Nicht nur Pinguine watscheln durch den Ort. Es gibt auch eine verrückte weltbekannte „Harbour Street“ mit ebensolchen Fußgängern anno 1900.
Wir haben Spaß an den Kunstgewerbeläden, angefangen vom Sandsteinstudio (www.ianandersensculptor.co.nur) über Textilien- und Kramläden.
Wenn dieses Kinderkutschendreirad käuflich wäre, hätten wir es für unseren Enkel Moritz gekauft.
Beim Bäcker geht es etwas durch mit uns. Wir decken uns mit Brot, Brötchen und 6 Teilchen sehr reichlich ein.
Das STEAMPUNK HQ, ein ziemlich abgefahrenes Museum mit Schrottkunstwerken und eigenartigen Sciencefiction Projekten hätte eine prima Kulisse für den Kultfilm „Zurück in die Zukunft“ abgegeben. Nun, der Start in die Unendlichkeit oder die Reise in die Unterwelt führt uns nicht wirklich ans angegebene Ziel. Was vielleicht auch ganz gut ist, denn wir haben für unsere letzten Urlaubstage andere Pläne…
Die Neuseeländer tun nicht nur viel für ihre Tiere, sondern auch für ihre Kinder. Überall fallen uns schöne Spielplätze auf, auch zur Freude von Omas, die gern mal schaukeln.
Je weiter wir uns von der Westküste entfernen, desto besser wird das Wetter. Und so legen wir bei strahlendem Sonnenschein ungefähr 100 Autokilometer zurück und versuchen uns keine Gedanken darüber zu machen, was wäre wenn … (wir solches Wetter im Milford-Sound gehabt hätten). Natürlich packen wir auf dem Weg wieder einige Schätzchen in unseren Erlebnisrucksack ein.
Da wären zunächst die Clifden Caves, ein Höhlensystem, von dem 300m frei zugänglich sind. Mit Stirnlampen bestens ausgestattet ziehen wir erwartungsvoll los: Mischa voller Elan, ich sehr verhalten, denn es könnte ja regnen und das ganze Höhlensystem unter Wasser setzen!
Die Höhle ist super ausgestattet mit leuchtenden Pfeilen, sodass man genau weiß, wo’s langgeht. Nach ca. 20 Metern kommt der erste ernstzunehmende Engpass.
So dauert unsere Höhlentour nur 5 Minuten mit einer Streckenlänge von 40 Metern. Ich bin sehr erleichtert, dass weitere Wagemutige an dieser Stelle auch kehrt machen, denn Mischa wäre wohl gern noch weiter gekrochen.
Punkt Zwei auf unserer Erlebnistour ist eine 125Jahre alte Hängebrücke mit Stahlseilen und einer Holzkonstruktion über den zweitlängsten Fluss Neuseelands, eine technische Meisterleistung!
Hier stärken wir uns und bekommen beim Picknicken sogar Besuch.
Dann fahren wir einen 40km Umweg zu Punkt Drei: Mehr als 1000 Jahre alte Bäume – die ältesten auf der Südinsel Neuseelands. Die Riesen sind gewaltig und schauen erhaben auf uns herab. Wie alt werden sie wohl noch werden?
Den heutigen Reisetag beschließen wir am Südpazifik, wo wir einen schönen freien Stellplatz direkt am Meer finden. Bei Ebbe schauen wir einheimischen Muschelsuchern in den halb gefüllten Eimer. Leider sind sie nicht sehr gesprächig. So wagen wir uns selbst nicht ans Paua-Muschelsammeln und es gibt Reis und Letscho zum Abendessen, während die Flut rauschende Wellen heranbringt.
Es geht schon beim Aufwachen los: Der Regen hält mich tatsächlich vom geplanten morgendlichen Bad im Bach ab, das sagt schon viel über dessen Stärke. Dann stehen wir vor der Entscheidung, bei solchem Wetter, wo man noch nicht mal seinen Hund vor die Türe lässt, wirklich zum Milford-Sound zu fahren? Waren wir doch Tags zuvor schonmal bis zum 500m hohen Pass gefahren und nicht gerade begeistert! (Die Beschreibung im Reiseführer, es würde sich um eine der schönsten Straßen der Welt handeln, fanden wir echt übertrieben). Glücklicherweise ziehen wir unseren Plan durch und nehmen doch nochmal Anlauf, schließlich sind wir mit Wecker um 7 Uhr aufgestanden, um vor den Touri-Reisebussen am Milford-Sound zu sein.
Wir stellen die Scheibenwischer an, überqueren den Pass, schalten die Scheibenwischer zwei Stufen höher und sind von den Socken! So etwas haben wir noch nicht gesehen! Riesige steile Berghänge türmen sich auf, übergossen mit Wasserfällen noch und nöcher. Wir wissen gar nicht, wohin zuerst schauen! An den Haltepunkten werden wir pudelnass beim Fotografieren, aber wir kommen nicht ohne Stopp an so einem Wasserfallwunder vorbei. Jetzt wissen wir, der Reiseführer hat doch nicht gelogen.
Die Straße windet sich in zahlreichen Serpentinen bis zum Homertunnel. Dieser 1.200m lange Tunnel wird von 6 – 20 Uhr mit einer Ampelanlage einspurig geregelt.
Dann heißt es, auf die Bremse treten oder besser noch die Motorbremse einsetzen, jede Fotogelegenheit nutzen, auch wenn die Wolken hier tiefer liegen und die Bergspitzen verschlucken.
Übrigens sind die Keas wieder sehr aktiv.
Endlich gelingt ein Schnappschuss, um das rote Gefieder zu zeigen.
Nach wenigen Kilometern gelangen wir ans Ziel, erhaschen einen Parkplatz und buchen ziemlich aufgeregt die nächstmögliche Rundfahrt mit Unterwasserobservatorium-Besichtigung. Die ernsthafte Überlegung, mit dem Kajak durch den 14km langen Fjord zu paddeln, nimmt uns der windgepeitschte Dauerregen aus der Hand. Auch hier regnet es 200 Tage im Jahr mit 6-9m! Woher sollen sonst auch die vielen Wasserfälle kommen?
Uns wird übrigens schnell klar, wir befinden uns nicht nur in einer Wasserfall-, sondern auch in einer Touristenhochburg. Solche Busladungen an Menschen würde ich mir im Konzertleben wünschen, das ist nicht mal mit Händels Wassermusik zu schaffen! Aber irgendwann wird es Konzertsäle mit Wasserfällen geben.
Nach einer Regenstunde Wartezeit werden wir zwischen Menschengruppen aller Nationen und Hautfarben auf ein großes Schiff geschoben, vorbei an einem duftenden Buffet, nicht für uns – das haben wir mit dem Buchen irgendwie nicht verstanden. Wir brauchen das auch nicht, denn wir sehen uns an den herrlichen Felsmassiven, Wasserfällen, Regenwald und Wolken satt. Dieser Fjord ist rauher und erinnert uns stärker an Norwegen.
Ein Trost für den Tourirummel ist das Unterwasser-Observatorium, das nur mit diesem größeren Schiff (und der Schiffsgesellschaft) angefahren wird. In 10m Tiefe kann man durch Fenster die Meereswelt anschauen. Das ist wirklich sehr beeindruckend. Drei Dinge ermöglichen diese einmalige Unterwasserwelt:
Die Schichtung von süßem tanninhaltigen (braun von Wald, verringert Lichteinfall) Regenwasser der Wasserfälle und salzigem Meerwasser, die sich nicht vermischen (Das nennt man Tiefenwasser Emergenz.),
eine relativ gleichmäßige und warme Wassertemperatur durch eine von Australien ausgehende Strömung,
Wenig Wellengang, weil die Segmente der Berge am Fjordeingang zur Tasmansee eine Barriere bilden.
Jedenfalls gibt es dadurch Korallen und Tiere, die sonst in 80m Tiefe vorkommen, in diesen Fjorden bereits in 10m Tiefe.
(Kritischer Nachtrag: Beim Fotovergleich müssen wir feststellen, drei Fisch- und zwei Pflanzenarten (keine Korallen) vor die Linse bekommen zu haben. Und dafür dieser Aufwand? Vielleicht hat sich die Unterwasserwelt vor den halbstündig anlandenden Schiffen lieber etwas zurückgezogen. Aber alles lässt sich immer noch sehr gut für die Touristen verkaufen.)
So hat das viele Wasser doch sein Gutes, ob nun als Regen, Wolken, Schnee oder Wasserfall – und die Touristen kommen trotzdem!
Wie beschließen diesen wunderbaren nassen Ausflug mit einem Dokumentarfilm über die Fjordwelt im Kino in Te Anau. Der Film lohnt sich zu sehen, weil er dank vieler Hubschrauber hauptsächlich Luftaufnahmen enthält – gigantische Ausblicke auf alles, was man von unten und selbst auf Höhenwanderungen nicht sehen kann – und vor allem auf die Wasserwelt!
(YouTube „Ata Whenua“ oder www.Fiordlandcinema.co.nz)
Natürlich übernachten wir an diesem Wassertag in einer Feuchtlandschaft.
Zwei Tage heißt es nun: Nicht wandern, nicht kochen, sich um nichts kümmern müssen! Und wo finden wir das? Im Fjordland mit seinen 14 Fjorden, wovon zwei für Touris am einfachsten zugänglich sind: Der Milford Sound und der Doubtful Sound.
Letzterer ist wegen seiner zahlreichen Verzweigungen, seiner Abgeschiedenheit und einzigartigen Pflanzen- und Tierwelt besonders schön. Mit 40km Länge ist er der zweitgrößte Fjord. Wir entscheiden uns für diesen. Er ist allerdings schwierig zu erreichen und allein nicht machbar. Wir buchen also eine kombinierte Schiffs-Bus-Tour und treffen mit Übernachtung eine super Entscheidung!
Ausgangspunkt ist der Ort Manapouri am gleichnamigen See gelegen. Von hier werden wir 12.30 Uhr mit einem Schiff ans andere Seeende gebracht. Ca. 1 Stunde dauert die herrliche Überfahrt mit Bergpanorama. Ankunft ist an einem Wasserkraftwerk aus den 1960er Jahren. Der Großteil des Kraftwerks befindet sich unter der Erde. Die Höhendifferenz von 178m zum Meeresspiegel wird zur Energiegewinnung genutzt. Sieben Turbinen geben das Wasser über eine 10km lange Tunnelröhre in den Doubtful Sound ab. Der Bau des Manapouri-Kraftwerks war wegen der starken Umwelteingriffe äußerst umstritten und gilt als Beginn der neuseeländischen Umweltbewegung. Die damals entstandene Straße fahren wir mit dem Bus über den 670m hohen Pass auch wieder ca. 1 Stunde. Dann sind wir da und besteigen mit ca. 40 Mitreisenden das historische hübsche Schiff. Wir haben Glück, denn das Schiff ist nicht ausgebucht und so können wir die 4er Koje allein nutzen.
Alles ist topp organisiert, die Mannschaft absolut eingespielt, dennoch haben wir nicht das Gefühl von Massentourismus (obwohl die Tour täglich angeboten wird). Schon der kleine Snack zum Empfang (verschiedene Kräcker, Oliven, Lachsröllchen, Wurstscheibchen, Cremes) signalisiert „Verwöhnaroma“.
Wir schippern also durch den herrlichen Fjord, dessen höchste Gipfel bis 1.700m reichen. Im Gegensatz zu den Norwegischen Fjorden ist das Gestein wie ein Regenwald bewachsen. Das Fjordland gehört zu den regenreichsten Gebieten der Erde, hier fallen jährlich ca. 6-9m Niederschlag. (Man misst hier nicht in mm.) Von dem Regen bekommen wir auch einen Eindruck… Jedenfalls wurzeln in den Steinritzen kleine Pflanzen, daran halten sich wiederum andere fest bis eben ein richtiger Regenwald entsteht. Dieser wiederum beherbergt eine ebenso reichhaltige Vogelwelt mit seltenen Exemplaren.
Der viele Regen nährt zahlreiche Wasserfälle, so dass eine mehrere Meter dicke Süsswasserschicht auf dem schwereren Salzwasser liegt. Beide Wasserschichten mischen sich nicht. Das wiederum führt zu einer besonderen Nahrungsgrundlage für viele Tiere. Aber bevor wir die in der Dämmerung sehen, dürfen wir das kühle Nass erstmal selbst ausprobieren. In einem bewundernswerten Perfektionismus werden 23 Kajaks zu Wasser gelassen (Plasteschüsseln, aber stabil), jeder bekommt Paddel, Weste und Sandfly-Spray! (Gegen lästige winzige Stechfliegen) Dann scheppern wir 40 Minuten entlang einer Bucht mit einem kleinen Wasserfall. Ein nettes Fjordfeeling!
Wir sind beeindruckt, wie Boote und Paddler wieder aufs Schiff manövriert werden, da sitzt jeder Handgriff der Mannschaft.
Anschließend springen die ganz Tollkühnen noch persönlich ins Wasser. Wir sind natürlich dabei. Danach können wir heiß duschen, was alles möglich ist!
Dann gibts was gegen den kleinen Hunger: Eine leckere Fütterung mit duftenden frischgebackenen Brötchen, Marmelade und Schlagsahne.
Inzwischen hat das Schiff die Tasmansee erreicht und wir sehen Delphine durchs Wasser springen! Dann fährt der Kapitän zu einer Seelöwenkolonie und sogar Pinguine zeigen sich. Also wirklich überwältigend. Wenn interessante Dinge zu sehen sind, werden sie von einem sehr gut englisch sprechenden Ranger erklärt.
So gelangen wir zur Schlummerbucht, wo das Schiff vor Anker geht. Dieser ist eine Tonne – wir haben das System nicht ganz verstanden, treiben aber die ganze Nacht mit lockerem Seil brav um die Tonne herum. Nun verpasst niemand etwas während des Abendbuffets. Nach unserer Hüttentour ist das Essen natürlich wie im Schlaraffenland!
Zur Verdauung gibts nochmal einen Fjordlandvortrag vom Ranger mit Käsehappen und Rotwein garniert. Dann genießen wir an Deck den windstillen Fjord, bevor wir in die Kojen fallen.
Der neue Tag startet echt früh: 7 Uhr Frühstück! Wer nicht rechtzeitig fertig ist, verpasst den Watschelgang der Pinguine vom Land ins Wasser. Die Sonne ist heute sehr zurückhaltend, aber wir haben genug Sonnenbilder im Kasten und schließlich muss der Regenwald ja auch irgendwo herkommen! Es geht durch weitere Verästelungen des Fjords ganz nah am Felsen entlang, damit wir auch wirklich alle Pflänzchen erkennen können, großartig! Bei zwei Wasserfällen werden wir gebeten, alle Handys und Fotoapparate zur Seite zu legen und nur zu lauschen. Der Schiffsmotor wird auch eine Viertelstunde abgestellt. „The sound of silence“. Nur die Vögel halten sich nicht dran und zwitschern dazwischen.
Die Tour ist ein schönes Erlebnis! Und die Überschrift hält, was sie verspricht.
Wie wir gekommen sind, gehts zurück. Punkt 12 Uhr löst uns die nächste Gruppe am Visiter Center ab…
Und wir freuen uns auf das nächste Wanderziel, gehen einkaufen und planen die weitere Reise.
Kurz zusammengefasst: Der Kepler Track mit drei Hüttenübernachtungen macht seinem Namen eines „Great Walk“ alle Ehre: Es ist richtig abwechslungsreich, richtig schön und richtig anstrengend! Auf eine Streckenlänge von insgesamt 60 km kommen nochmal 1.340 Höhenmeter, das ständige Auf und Ab nicht mitgerechnet. Wir sind diesmal essensmässig mit 7 grünen Tüten echt „Neuseeländisch“ vorbereitet.
Dass es in den Hütten Gaskocher gibt, ist uns nicht bekannt. Kocher und Kartuschen schleppt Mischa also umsonst mit. Macht nichts, wir sind ja in Übung und heilfroh, überhaupt noch Hüttenplätze bekommen zu haben. Das war 5 Tage zuvor ein Riesenglück. Andere buchen ein Dreivierteljahr im Voraus!
Erstmals benutzen wir unsere Wanderstöcke, so tun einem wenigstens nicht nur die Beine weh, sondern auch die Arme.
Tag: Parkplatz an der Staumauer Te Anau – Luxmore Hut (14 km, 985 Hm)
Der gleichmäßige Anstieg führt uns durch Regenwald.
Kurz vor dem Ziel erreichen wir die Baumgrenze (bei ca. 1000m) und blicken in „Bergwelt pur“. Die Überschrift im Rother Wanderführer „Bergstrapazen mit atemberaubenden Ausblicken“ trifft wirklich zu. Endlich kommt die ersehnte Hütte, die mit 50 Leuten restlos ausgebucht ist.
Zuerst sichern wir uns ein Doppelstockbett. Ausgebreiteter Schlafsack heißt „belegt“. Dann schließen wir uns der Führung des äußerst erzählfreudigen Rangers an, der über die eigentümliche Pflanzenwelt der hohen Tussockgrassteppen viel berichtet. Es gibt z.B. nur weiße oder gelbe Pflanzen, keine anderen Farben, unzählige Moose.
Ein Highlight ist eine 500m lange kleine Tropfstein-Höhle, die wir allein besichtigen können, mit Stirnlampe, versteht sich. Dass ist ein echtes Erlebnis, auch wenn wir es wegen unserer Körpergröße nicht ganz bis zum Ende schaffen.
Abends setzt der Ranger seine Erzählung in der warmen Hütte fort. Wir lernen alle ein altes Lied der Māori. Dieses werden wir übrigens an allen drei Hüttenabenden immer wieder gemeinsam singen, einfach schön! Am zweite Abend halte ich das Handy parat!
Witzig ist der Kea, ein Papagei, der äußerst intelligent ist. Er löst mit einem Stöckchen in der Falle den Schnappmechanismus aus, um sich dann den Köder zu sichern. Er weiß aber auch sehr genau, wo man Futter findet. Man muss echt auf sein Essen aufpassen!
2. Tag: Luxmore Hut – Iris Burn Hut (15 km)
Heute erreichen wir den höchsten Punkt, den Mt. Luxmore mit 1.400m. Der Kea weiß, dass man auf diesem Abstecher seinen Rucksack mal unbeaufsichtigt lässt. Er holt gleich seinen Kumpel. Wir finden nur noch die Verpackung vom Müsliriegel unserer Mitwanderer. Kann man einem Papagei böse sein?
Die Panoramablicke in alle Richtungen sind einfach traumhaft und nur stückweise von Wolken bedeckt. Wir haben echt Glück mit dem Wetter, aber es ist „saukalt“. An Mützen und Handschuhe haben wir nicht gedacht, die liegen im Auto. Doch auch Strümpfe erweisen sich als brauchbarer Handschuhersatz. Und Regenkleidung ist ein prima Windschutz. Und wie gut, dass Mischa doch seinen Kocher dabei hat! Also wird zwischendurch ein heisser Tee gekocht!
Wir verlassen die Hochebene, gelangen in einen flechtenüberzogenen Buchenwald und erreichen über einen Serpentinenabstieg ziemlich erschöpft die zweite Hütte, die auf einer hübschen Lichtung am Fluss „Iris Burn“ liegt.
Super, da können wir uns im Fluss waschen. Wie neugeboren nehmen wir unsere Bücher und kochen wieder dieses „grüne Tüten Essen“, das uns eigentlich überhaupt nicht schmeckt. Wir sehnen uns nach unserer Tütennudelsuppe!
Nach Einbruch der Dunkelheit greifen wir die Empfehlung des Rangers auf, zum 20Minuten entfernt liegenden Wasserfall zu gehen. Dort gäbe es Glühwürmchen und auch Kiwis seien zu finden. Er macht uns den Kiwiruf vor. Kiwis sind nachtaktive, flugunfähige relativ große Vögel. Wir machen uns also bestens informiert mit Stirnlampen in der Dunkelheit auf einem unbekannten Weg los. Mir rutscht das Herz in die Hose. Aber Nachtwanderungen sollen ja so romantisch sein. Wir haben Zusatzbeleuchtung vom Sichelmond. Mischa zeichnet den Weg sicherheitshalber auf dem Handy mit. Wir marschieren also durch den nachtschwarzen Regenwald, erreichen den Wasserfall. Mir schlottern die Knie. Kein Glühwürmchen zu sehen. Also schlägt Mischa vor, 15 Minuten zu warten, damit es noch dunkler werde. Ja gern. Nach 20 Glühwürmchenlosen Minuten befürchte ich eine ähnliche Situation wie bei Computerproblemen: Es muss doch eine Lösung geben! Bevor Mischa sich dem tosenden Wasserfall zwecks Problemlösung weiter nähert, dränge ich zur Umkehr. Auf halbem Weg begegnet uns der freundliche Ranger und bringt uns zum Glühwürmchen-Zauberbaum. In einer ausgehöhlten Wurzel strahlt es wie am Sternenhimmel.
Drei glückliche Menschen: Ranger hat Touris eine Freude gemacht, Mischa sieht die Glühwürmchen und ich bin heilfroh, dass wir uns nicht im dunklen Regenwald am anderen Ende der Welt verirrt haben. Der Heimweg wird noch durch Glühwürmchen- Farne verzaubert. Ein Trost dafür, dass wir Kiwis zwar gehört, aber nicht gesehen haben.
3. Tag: Iris Burn Hut – Moturau Hut (16km)
Heute gehts hauptsächlich abwärts durch Regenwald, vorbei an einer Lichtung, die 1984 durch einen Erdrutsch entstanden ist. Wir bleiben lange am Fluss, dann gehts durch Farnwald bis zum Manapourisee, wo dann auch traumhaft die nächste Hütte liegt. Nur gut, dass wir an unsere Badesachen gedacht haben.
Nach der Matrazenlagersicherung gehts also gleich an den See. Im Wasser halten wir es ca. 20 Sekunden aus und am Strand brauchen wir trotz Sonne unsere Fliessjacken. So fühlt sich also ein Neuseeländischer Strandtag im frühlingshaften November kurz vor Weihnachten an. Wie gut tut da das Lagerfeuer am Abend!
4. Tag: Hut – Staumauer (Ausgangspunkt) (15km)
Der letzte Abschnitt führt durch Moorlandschaft und wieder Regenwald. Es geht stetig bergauf und bergab. Ich bin ziemlich fertig und feuere meine Wanderstöcke an, etwas mehr Gas zu geben. Mischa hält sich vorsichtig hinter mir, damit ich nicht ganz den Mut verliere, wenn er vorneweg stiefelt. Die Landschaft ist traumhaft , der Waldboden wanderweich. Da gibts wirklich nichts auszusetzen.
Dennoch bin ich echt froh, am Ziel zu sein. Wir gehen nochmal baden, auf dass die Lebensgeister wiederkommen. Tun sie dann so halb.
Die anderen Hälfte kommt, nachdem wir endlich nach einigem Hin und Her auch einen schönen Stellplatz finden. Dafür geben wir den Stromanschluss gern wieder ab! Zur Erklärung: Auf dem wunderschönen weiträumigen Campingplatz gibt es 6 Plätze mit Stromanschluss im 2-Meter-Abstand.
Wir verlassen diese Ölsardinenbüchse, um Fjord- und Feldblick nun 100m entfernt allein stehend zu genießen – aber dafür ohne Strom.
Zunächst fahren wir zurück nach Queenstown, sonst verhungern wir! Auf der ganzen heutigen Strecke sehen wir (endlich) die vielen für Neuseeland typischen Schafe. Jetzt kurz vor Weihnachten tummeln sich viele niedliche Lämmer auf den Wiesen herum. Wir zählen meistens zwei Lämmer pro Schaf. Hier scheinen die Wiesen (wie die Almen in Österreich) auch vor Baumbewuchs bewahrt werden zu müssen. Per Hubschrauber geht man den Nadelbäumen an die Wurzeln oder hilft anderweitig nach.
Schwitzend durchschlängeln wir den Ober-Touri-Ort Queenstown und finden endlich einen Supermarkt, der uns super mit allem versorgt. Einige eigentlich geplanten Attraktionen wie den Birdlifepark (in dem garantiert Kiwis zu sehen sind) oder die historische Bungee Jumping Brücke (wo wir den ganz Mutigen zusehen wollten) müssen wir wegen des Touristengedränges streichen.
Wir rollen durch Tussock-Gras-Landschaft 180km nach Te Anau dem Ausgangspunkt für die Glühwürmchen-Höhlentour am Abend.
Die Höhlentour ist besser als erwartet. Zunächst bringt uns ein Schiff über den Lake Te Anau, den zweitgrößten Gletschersee Neuseelands. Er ist 53km lang und 417m tief. Den Namen hat der See von den „Höhlen des rauschenden Wassers“.
Dieses 200m lange, nur mit dem Boot zugängliche Höhlensystem erweist sich als ein beeindruckender Ort mit dem unheimlichen knallenden Wasserrauschen, einem „Whirlpool“ und einer Glühwürmchengrotte, durch die wir bei völliger Dunkelheit in einem Boot sitzend ca. eine Viertelstunde fahren – sehr stimmungsvoll! Die Grotte selbst erreichen wir über Stege, die einen Durchgang über dem rauschenden Wasser überhaupt erst ermöglichen. Da heißt es Aufpassen und Kopf einziehen! Fotografieren ist verboten.
Die Glühwürmchen sind in Wirklichkeit Pelzmückenlarven, wie schonmal berichtet. Diese gibt es nur in Neuseeland und Australien.
Die erwachsenen Stechmücken legen ca. 130 winzige, klebrige Eier in Gruppen zu 40-50 Stück auf den Felsen. Das Schlüpfen der Eier erfolgt drei Wochen später, am häufigsten im Dezember.
Aus den Eiern schlüpfen dann die Larven – die Glühwürmchen. Sie beginnen sofort, ein Nest zubauen. Die Nester (doppelt so lang wie die Larve) sehen aus wie Hängematten aus Seide. An diese hängen sie bis zu 70 klebrige Seidenfäden, indem sie Seide und Schleim ausscheiden. Mit diesen „Angelschnüren“ fangen sie ihre Nahrung. Dafür leuchten sie.
Nur im Larvenstadium fressen sie. Dabei können sie auch kannibalistisch sein und sich mehrere Meter bewegen. Das Larvenstadium dauert neun Monate.
Dann verpuppen sie sich. Das Puppenstadium dauert 12-14 Tage, Weibchen entpuppen sich hier als etwas größer.
Dann schlüpfen sie. Der einzige Zweck ist die Fortpflanzung: Weibchen leben 1-2 Tage, Männchen 3-5 Tage. Sie sind zudem schlechte Flieger und kommen max. 1-2 Meter weit.
Auch die weiblichen Fliegen senden ein Licht aus. Die Forscher zerbrechen sich den Kopf darüber, wie die Männchen nun das Licht der Larven von dem der geschlechtsreifen Weibchen unterscheiden. Die Tiere sind da schlauer. Unmittelbar nach der Befruchtung beginnt das Weibchen mit der Eiablage, die 12 Stunden dauern kann, und danach stirbt es. Wir sind froh, einer anderen Spezies anzugehören, denken wir bei der Rückfahrt.
Der Tag beginnt mit einem kühlen aufmunternden Morgenbad im Wanaka-See.
Danach gehts über die wildromantische Cardrona Valley Road (SH89) mit tollen Ausblicken, Haarnadelkurven und allem Drum und Dran Richtung Queenstown. Ein bisschen fühlen wir uns wie auf der „Route 66“ im Goldgräber-Amerika, obwohl unsere Straße mit knapp 100 km da nicht ganz rankommt. Dennoch: Die erste Überraschung ist ein riesiger BH-Zaun. Mischa übersieht ihn erst, wendet dann aber ohne zu Murren. Ob sich hier viele Pärchen das „Ja-Wort“ geben?
Der zweite Stopp wird im historischen Cardrona-Hotel mit ursprünglichem Schankraum aus der Goldgräberzeit eingelegt. Wir stimmen uns mit einem Cappuccino und warmen Bisquit schonmal auf die Goldgräberzeit ein.
Dann gehts weiter mit „Landschaft pur“ durch riesige sanfte Grashügelberge, die mit Tussock-Grasbüscheln bewachsen sind. Das erinnert uns etwas an Schottland.
In der ehemaligen Goldgräberstadt Arrowtown wird Halt gemacht. Die Stadt entstand 1862, als ein Schäfer im Arrow River Gold entdeckte. Wenige Wochen später lebten hier bereits 1.500 Menschen. Auch ohne Handy stieg die Einwohnerzahl rasant auf 7.000 an. Nach 10 Jahre waren die 80 Goldfelder erschöpft. Heute ersetzt Herr „Massen-Tourismus“ die Goldgräber und Arrowtown gehört zu den am schnellsten wachsenden Ortschaften Neuseelands.
Mehr als 60 Gebäude sind im ursprünglichen Charakter restauriert und beherbergen fast ausschließlich Souvenirshops, „Klamottenläden“ und Cafés. Was früher der Arrow River war, ist heute das Mekka der Touris und keiner verlässt den Ort ohne sein kleines „Goldklümpchen“ – ich auch.
Uns beeindruckt besonders das chinesische Viertel, wo um 1870 viele chinesische Goldgräber in ärmlichen Hütten hausten. Einiges erinnert an die heutige Flüchtlingssituation: Es kamen vorwiegend junge Männer aus armen Schichten, die in der Ferne ihr Glück suchten. Zu Beginn wurden sie als Arbeitskräfte willkommen geheißen, wenige Jahre später jedoch von den Einheimischen isoliert. Nur wer eine neuseeländische Frau „abbekam“, hatte Glück. Die reichten aber nicht für alle. Wer dann auch nach vielen Jahren ohne den ersehnten Reichtum in die Heimat zurückkehrte, hatte dort alle Kontakte verloren und war quasi heimatlos. Einer von sieben ist in Neuseeland gestorben. Ein trauriges Kapitel.
Wir fahren weiter – erstmal durch Queenstown hindurch, denn es ist schon spät. Wir sehen den Wakatipu-See, der mit 84km zu den größten Seen Neuseelands gehört.
Sein Markenzeichen ist, dass er sich im 5-Minuten-Takt um 12 cm hebt und senkt. Er atmet also. Das kommt von dem Herzschlag eines auf dem 380m tiefen Grund liegenden Riesen. Diese Māori-Erklärung gefällt uns viel besser als die wissenschaftliche. Deshalb beschäftigen wir uns jetzt nicht noch mit Atmosphärendruck, sondern fahren auf einen der schönsten Campingplätze Neuseelands am „Moke Lake“ – Natur pur!
Heute legen wir 250km in Richtung zentrale Südinsel zurück und landen in Wanaka an. Wir durchfahren auf der SH6 die herrliche Landschaft des Aspiring Nationalparks mit Alpenblicken, der Haast-Schlucht und überqueren den Haastpass (Wasserscheide).
Dann gehts abwärts an grossen Seen vorbei. Die Berge sind hier abgeschliffen und grasbewachsen. Es tauchen auch wieder mehr Schafe auf. Vorher hatten wir sehr viele Kühe gesehen. (Da Milch als Exportartikel sehr begehrt ist und mehr einbringt, ist die Schafzucht in den letzten Jahren sehr zurückgegangen.) Und hier ist besseres Wetter, denn wir befinden uns nun im Regenschatten der Alpen!
Mischa hat in Wanaka einen Outdoorladen entdeckt und erneuert ein paar Kleidungsstücke. Danach finden wir einen wunderschönen Stellplatz mit Panoramablick auf den Wanakasee. Hier treffen wir ein Pärchen aus Utrecht wieder, das wir vom Abel-Tasman-Track kennen. Und die Beiden wollen am Freitag auch den Keppler-Track laufen!
Wenn man in Wanaka ist, darf man sich die „Puzzle World“ nicht entgehen lassen. Hier haben Illusionisten wie Escher, Gonsalves und viele andere ihren Platz. Wir staunen und amüsieren uns über römische Toiletten, 3-D Cubes, schräge Räume und verwirrende Perspektiven. Im geneigten Haus sehen wir Wasser nach oben fließen, fahren mit einer Eisenbahnschiene zur Decke und merken, wie unser Gleichgewichtssinn verrückt spielt, wenn man nirgends den „Horizont“ sieht!
Gonsalves
Diese wunderschöne Landschaft können wir nicht „ungewandert“ verlassen, und so besteigen wir am Nachmittag bei herrlichem Sonnenschein noch den Rocky Hill mit 440Hm. Die als „windumtoste“ angepriesene Panorama-Wanderung auf schmalen Pfaden macht ihrem Namen alle Ehre. Der Sturm weht uns fast vom Gipfel!
Wir genießen den stürmischen Abend direkt am Ufer des Wanaka-Sees, der mich noch auf einen Besuch einlädt: kalt und wellig, aber herzlich!
Heute Abend ist Zeit, mal einen Blick in unsere Lodge auf vier Rädern zu werfen.